Auf meinen letzten Beitrag zum Thema Facebook habe ich natürlich auch emails erhalten, in der mir geschrieben wurde, das ich das doch mit Facebook nicht machen könnte. Das ich nur dort viel Traffic erreichen könnte. Parallel dazu habe ich erst die Tage einen supertollen Artikel darüber gelesen, warum Facebook das Marketingtool schlecht hin ist, warum man damit machen muss, um Erfolgreich als Selbstständige/r zu werden.
Ich musste ein wenig schmunzeln darüber und es juckte mich wirklich in den Fingern zu Fragen: Wie viele Kunden und welcher Umsatz über Facebook tatsächlich erreicht wurde. Nackte Zahlen auf den Tisch! Was Erfolg überhaupt ist und wie man den definiert. Die Autorin des Artikel verkauft „Erfolgreich“ mit zwei neuen Kundenanfragen. Ja, wenn das Erfolgreich ist….
Aber da man ja sowieso keine reale Antwort erhält und lieber das nachplappert, was schon tausend andere zum Thema Social-Media-Marketing geschrieben haben, ist es müßig.
Meine 10-jährige praktische Erfahrung mit Facebook zeigt eine andere Bilanz und ich möchte erklären, warum man geschäftlich nicht alleine auf Facebook setzen sollte bzw. für sich klären muss, wie viel Marketingbudget man für Facebook ausgeben möchte und was man sich von diesen Fans real erwartet. Denn Facebook ist nicht kostenlos, wie viele denken.
Zwölf gute Gründe, warum Facebook kein erfolgversprechendes Marketingtool ist
- „Content ist King“ aber wo auf Facebook? Facebook wird inhaltlich nicht von den Suchmaschinen indiziert und Inhalte können nicht wiedergefunden werden.
- Die interne Facebook-Suche sucht nicht nach Inhalten, sodass Inhalte auch nicht gefunden werden.
- Facebook begrenzt seine Reichweite, sodass Posts nur von ganz wenigen Followern gelesen werden können.
- Facebook-Pages sind nicht mehr von außen ohne Login einsehbar, sodass interessierte Kunden gezwungen werden sich einen Account anzuschaffen.
- Inhalte sind nach wenigen Stunden aus der Timeline verschwunden und werden so von den Lesern nicht mehr wahrgenommen.
- Die Reichweite von Hashtags ist sehr eingeschränkt. Klickt man einen Hashtag an, werden nur 10 oder weniger Inhalte eingeblendet. Ältere Artikel sind verschwunden.
- Leser mögen keine Werbung und Werbeposts werden ganz selten geliked oder geteilt.
- User sind privat auf Facebook und haben verständlicherweise wenig Interesse daran, andere beruflich zu unterstützen oder etwas zu kaufen. Gutscheine und Rabatte werden gerne genommen, aber ein Produkt kaufen?
- Inhalte mit einem Link ins Internet werden in ihrer Reichweite so sehr beschnitten, dass Leser diese nicht sehen können (Eigene Test haben dies belegt)
- Die Inhalte der Timeline werden nicht mehr nach Veröffentlichungsdatum angezeigt, sondern wie wichtig/relevant Facebook sie empfindet.
- Facebook fordert nach jedem Post auf, Werbung zu schalten, wenn man möchte, das der Artikel von allen Followern gelesen werden soll.
- Als Seitenbetreiber sehe ich nicht mehr in seiner Vollständigkeit, wer meine Seite liked und Posts teilt. Ich sehe nur die Anzahl, aber nicht wer, sodass ich mich bei einem geteilten Post auch nicht bedanken kann.
Faktor Content
Es gibt sicherlich noch mehr Gründe, warum Facebook kein besonders gutes Marketingtool ist. Aber für mich war das Stichwort „Content“ ein ganz wichtiger Grund, Facebook nicht weiter zu betreiben. Mein Content geht nach wenigen Stunden bei Facebook unwiderruflich verloren. Er wird von den Suchmaschinen nicht indiziert. Jede Zeit und jeder Inhalt, den ich in Facebook investiere, unterliegt einer minütlichen Halbwertzeit. Durch die Reichweitenbeschränkung wird mein Inhalt vielen Lesern nicht angezeigt.
Zudem kommt die veränderte Wahrnehmung. Auf einer Webseite ist ein Artikel auch noch nach Monaten oder Jahren relevant, wenn ich mich als Leser für den Inhalt interessiere. Auf Facebook gilt ein Artikel von gestern in meiner Timeline schon nicht mehr als wichtig. Es gibt sich kaum jemand die Mühe, die Timeline zu scrollen – da sich noch weniger Menschen überhaupt die Mühe machen, die Facebook-Fanpage direkt zu besuchen. Es wird nur aus der eigenen Timeline heraus agiert und alles was ich dort aufgrund des Filtermechanismus von Facebook nicht sehe, kann auch nicht kommentiert oder geteilt werden.
Daher ist ein gut geführter Blog bzw. eine Webseite mit aktuellen Inhalten die bessere Marketingstrategie. Alle Inhalte stehen Jahre zur Verfügung, sie werden von den Suchmaschinen indiziert und auf der Webseite kann man selber suchen und filtern. Ich kann konkret auf eine verbesserte Suchmaschinenoptimierung Einfluss nehmen. Alle Inhalte sind Barrierefrei zugänglich und ich muss mich nicht – insofern der Webseitenbetreiber keinen Schutz eingebaut hat, anmelden. Ich bin nicht mehr abhängig von Uhrzeiten, wann auf Facebook besonders viel los ist, um mehr Leser zu erreichen.
Faktor Zeit
Ein ganz wichtiger Aspekt, den viele Vergessen, ist der Faktor Zeit. Ich habe mit Menschen gesprochen, die tausende von Followern haben. Ich fragte mich natürlich wie sie das geschafft haben. Das Geheimnis ist Zeit, viel Zeit. Bekannte Facebookstars verbringen täglich mindestens 8 Stunden und mehr in Facebook und anderen Social-Media-Plattformen. Diese Zeit war ich nicht gewillt zu investieren. Ich möchte lieber Zeit in meine Fotografie und Weiterbildungen als auch in meine Familie investieren und nicht die ganze Zeit und überall abhängig vor meinem Smartphone und Tablet sitzen.
Ein weiterer Zeitkiller ist, das Facebook ständig seine Funktionen verändert. Was heute noch ging, ist morgen auf einmal verschwunden und dafür gibt es eine neue Funktion, die aber kein User versteht. So habe ich mich unlängst als Facebookseitenbetreiberin sehr unter Druck gefühlt, als der Button „Very responsive Badge“, auf deutsch „Hohe Reaktionszeit bei Nachrichten“ eingeführt wurde. Dieser Button wird als Belohnung angezeigt, wenn der Administrator einer Seite bei über 90% der Kommentare innerhalb von 5 Minuten antwortet. Dieser Button kam und ging bei mir, je nachdem wie viel Zeit ich hatte, zu antworten. Aber was hat es mir für einen Nutzen für mein Business gebracht? Nichts. Die Anfragen die ich bekam, hatten meistens nichts mit einem Auftrag zu tun und waren eher privater natur. Geschäftliche Anfragen hätte ich per E-Mail oder Telefon auch viel schneller und persönlicher beantworten können.
Faktor Nachhaltigkeit
Oft wird Facebook als DIE Kommunikationsplattform mit seinen Kunden gepriesen. Doch die Frage ist, worüber möchten sich Kunden dort mit mir austauschen? Was kann ich auf Facebook anders und besser, als auf meiner Webseite? Ich hatte für mich festgestellt, dass ich dort nichts anders oder besser kann. Denn was ist Facebook überhaupt? Eine Plattform auf der viele Zerstreuung und Unterhaltung suchen. Nicht umsonst boomen Katzenvideos und Esotheriksprüche. Informationen werden dort weniger gesucht. Wie kann ich als Selbstständiger dort für Unterhaltung sorgen? Wie kann ich Spaß und Freude auf leichte Kost vermitteln? Ist ein verrücktes Video über mich für meine Arbeit zielführend? Vielleicht ist es amüsant und wird von vielen angeklickt, aber verkaufe ich mich deswegen besser? Wie nachhaltig ist ein Gewinnspiel, eine Verlosung? Gewinnspiele sind oft an Bedingen geknüpft: „Like und teile diesen Post, kommentiere… erst dann wanderst du in den Lostopf“. Nach der Gewinnermittlung entfolgen die meisten User der Seite wieder und löschen den geteilten Post. Der User, der den Preis gewonnen hat, bedankt sich meistens nicht einmal öffentlich für den Gewinn oder schreibt über das Produkt. Was habe ich mit der Marketingaktion erreicht, außer das sie viel Geld und Zeit gekostet hat und der Lohn, nämlich eine gute Empfehlung, ausgeblieben ist? Gewinnspiele sind nicht nachhaltig, was aber für viele Selbstständige wichtig ist.
Faktor Kunde
Drehe ich meinen Blickwinkel und schaue ich als Kundin auf Facebook, habe ich einen anderen Aspekt im Kopf. Es gab schon mal ein, zwei Momente, in denen ich mich über ein Produkt/Dienstleistung großer Firmen geärgert habe. Über die Hotline konnte ich mein Problem nicht klären und auf E-Mails habe ich keine Antwort erhalten. So habe ich als Kundin mein Problem auf der Firmen-Facebookpage direkt gepostet. In allen Anliegen die ich bisher hatte, habe ich daraufhin eine zufriedenstellende Reaktion und Lösung erfahren. Aber nur, weil ich das Problem dort öffentlich und für alle einsehbar gepostet habe. Es ist an sich ein Armutszeugnis für alle Firmen, die erst eine Facebookpage brauchen, um einen Kunden glücklich zu machen.
Ändern wir den Blickwinkel auf unser eigenes Verhalten. Wir sind ja nicht nur Selbstständig und möchten unsere Produkte besser verkaufen, wir sind auch privat auf Facebook unterwegs. Wie verhalten wir uns privat dort? Wie viele Produkte und Dienstleistungen kommentieren und teilen wir? Wenn ich mein Verhalten analysiere, gehöre ich auch nicht zu den Menschen, die bei Facebook posten, wenn ich ein Produkt toll finde. Ich like auch keine bezahlte Werbung.
Letztens hatte ich eine Freundin zu Besuch. Wir haben beide Hunde. Ich erzählte von einer neuen Form der Floh- und Zeckenbekämpfung bei meinem Hund. Wir hatten ähnlich schlechte Erfahrung mit anderen Anti-Zecken-Produkten. Ich erklärte ihr, was ich gefunden habe und das es nach einem Jahr wirklich gut funktioniert. Hätte ich diese Erfahrung bei Facebook gepostet? Eher weniger, warum auch? Ein Großteil meiner Freunde auf Facebook hat keinen Hund. Ich würde stattdessen das Produkt, sofern ich es bei einem Händler wie Amazon gekauft habe, eher dort bewerten, weil ich weiß, dass andere Produktbewertungen mir schon oft geholfen haben. Wieder ein Argument, was ich entkräften kann. Viele Marketing-Spezialisten beziehen sich auf das Empfehlungsmarketing bei Facebook. Die User, die das betreiben bekommen das Produkt entweder geschenkt oder werden dafür bezahlt. Aber welcher Nutzer postet von sich aus regelmäßig, wenn er etwas besonders gut findet? Das wird eher mit Freunden bei einem gemeinsamen Treffen diskutiert. Und wie glaubwürdig ist bezahltes Empfehlungsmarketing?
Warum schreibe ich diesen Artikel?
Mir ist es wichtig, dass man einmal selber darüber nachdenkt, was man wirklich braucht – für sich persönlich und seinen geschäftlichen Bereich. Und wie man sich selber verhält und seine Erwartungen an andere überprüft.
Es gibt unglaublich viele Menschen, die damit ihr Geld verdienen, zu behaupten, man müsse das heutzutage alles mitmachen. Nein, das muss man nicht. Im Gegenteil, oft ist die Zeit, Energie und Kreativität an anderen Orten viel besser aufgehoben und wirken sich erfüllend aus.
Ich würde mir wünschen, wenn es differenziertere Artikel zum Thema „In 7 Schritten erfolgreich als Selbstständiger mit Social-Media“ geben würde. Artikel, die nicht einfach nachplappern sondern ganz individuell auf das Thema eingehen. Ich sage nicht, das Facebook für alle nichts taugt aber auch nicht, das es Heilsbringend für alle ist.
Glaube nicht alles, was sogenannte Social-Media-Experten von sich geben, überprüfe und bilde dir eine eigene Meinung! Und noch wichtiger, mache es selber, probiere dich aus und überprüfe von Zeit zu Zeit deine Einstellungen. Lerne und bilde dich weiter! Gib nicht alles in so genannte Expertenhände. Nur so kannst du wirklich erfahren, was gut für dich und dein Geschäft ist. Alles andere sind Märchen!