Über mich – Hochsensibilität und Hochsensitivität
About me – Normalerweise fängt man in unserer Kultur eine Vorstellung damit an, wann und wo man geboren ist, was man gelernt, studiert und gearbeitet hat und welche Interessen man hat – Das sollte alles über die Person aussagen.
Viele Jahre habe ich mich an dieses Schema gehalten, weil ich es so gelernt habe. Auszubrechen und es anders zu machen, habe ich mich nicht wirklich getraut, ich wollte es ja „richtig“ machen und nicht negativ auffallen. Wenn ich meine eigene Beschreibung lese, denke ich: „Bin ich das? Was sagt das über mich aus?“:
Im Nachhinein bereue ich es, dass ich mir in meinem Lebenslauf für einzelne Phasen nicht länger Zeit bzw. richtige Auszeiten genommen habe. Das ich meine Ausbildungsjahre im Turboflug absolviert habe. Ein Scheitern gab und gibt es nicht, denn ich musste es ja allen meinen Kritikern und Zweiflern beweisen, dass ich es kann. Und davon gab es immer mehr als Unterstützer, wobei ich innerlich mein größter Kritiker bin.
Doch die Medaille hat immer zwei Seiten: Was niemand von außen sieht, ist, dass ich seit meiner Teenagerzeit mit Panik- und Angstzuständen lebe. Das sie mich überall hinbegleiten, ob privat oder beruflich. Nach der Geburt meines Sohnes ging gar nichts mehr und ich erinnere mich an meinen Therapeuten, der zu mir sagte: „Jana, wenn du endlich das machst, was du (beruflich) machen willst, werden auch deine Panikattacken weniger werden oder gehen ganz weg.“
In den letzten 30 Jahren war ich immer auf der Suche nach den Ursachen für diese lähmende Angst. Ich wollte sie verstehen und wissen, warum sie kommt. Denn was am schlimmsten für mich war: immer wenn ich mir ein Herz fasste und versucht habe zu erklären, warum ich so komisch/anders bin, wollte mich keiner verstehen. Oft kamen dann so Sätze wie: „Hier ist doch nichts“, „Versuche es auszuhalten“, „Reiß dich mal zusammen“… doch diese machten alles nur noch schlimmer, sodass ich jahrelang niemanden davon erzählte.
Tatsächlich sind seit meiner Selbstständigkeit die Angstzustände weniger geworden. Sie sind nicht weg und es gibt Tage, wo sie unerwartet ausbrechen. Denn es sind nicht nur Angstgefühle, sondern gewaltige körperliche Schmerzen die mich beherrschen und nach denen ich anschließend mehrere Tage brauche, um wieder in Ordnung zu sein.
Aber ich habe die Möglichkeit gefunden, mit ihnen besser umzugehen, mir Freiräume zu schaffen und das zu machen, was ich kann und liebe: Bücher/Artikel zu schreiben, Bilder zu bearbeiten, Fotospaziergänge in der Natur, Einzelcoachings, Webseiten gestalten – das sind die Dinge, die mich zufrieden machen. Die meine Vielseitigkeit unterstützen.
Denn ich gehöre zu den Menschen, die an vielen Dingen interessiert sind, die viel ausprobieren. Dafür gibt es die Ausdrücke wie Multitalent oder Vielbegabte(r).
So ist es mir immer schwer gefallen, nach außen zu kommunizieren, dass ich zum einen schreibe, romantische, melancholische Naturbilder mache und zum anderen Geoinformatik studiert habe und heute WordPress & SEO unterrichte. Oft wurde ich in der Art gefragt: „Jana, du bist doch Fotografin. Wieso kannst du WordPress?, Wieso kannst du Bücher auch gestalten?“
Einfach deswegen, weil ich mich dafür interessiere, weil mir die technische Seite genauso viel Spaß macht. Ich beschreibe mich gerne als einen Menschen mit einer weichen weiblichen und technischen männlichen Seite. Beide kämpfen oft innerlich gegeneinander. Was aber vielmehr daran liegt, dass man in der heutigen Gesellschaft wenig Akzeptanz findet, wenn man nicht nur auf eine Sache spezialisiert ist und darin auch noch ein Zertifikat vorweisen kann. Und, noch schlimmer: Weil man laut KSK, Finanz- bzw. Gewerbeamt bestimmte Sachen als Künstler nicht machen darf, da sie nicht zu den künstlerischen Tätigkeiten gehören usw.
Ich bin Autodidakt. Ich liebe es, mir Inhalte selber beizubringen, zu tüfteln, auszuprobieren, zu lesen usw. – bis ich es kann. Manchmal breche ich ab und wende mich neuen Dingen zu. Aber sie haben alle eines gemeinsam: Sie ergänzen meine Arbeit als Künstlerin, sie bilden eine Einheit. Das eine geht nicht ohne das andere.
Am Anfang meiner Beschreibung fragte ich danach, woher meine Panikzustände kommen. Warum ich mich damit so bestraft fühlte, allein gelassen, einsam. Wenn andere Spaß auf einem großen Konzert hatten, wäre ich am liebsten schreiend davon gerannt bzw. bin erst gar nicht mitgegangen. Dinge, woran viele Menschen Freude und Spaß haben, sind für mich der Horror und wenn ich es gemacht habe, weil ich dabei sein wollte, weil ich genauso wie die anderen sein wollte, wurde ich von schlimmen Angstzuständen heimgesucht, die in früheren Jahren auch schon mal aus Unkenntnis anderer heraus in der Notaufnahme endeten. Aber sie behinderten mich vor allem beruflich: Immer wenn andere mir sagten, warum ich nicht das so wie meine Kollegen anbieten könnte. Oder ich Sachen absagen musste, weil sie immense Angstzustände in mir hervorgerufen haben. Oft waren es nur Gerüche, Stimmungen, Gedanken, die diese Gefühle ausgelöst haben.
Vor ein paar Jahren fand ich dann einen Namen: Hochsensibilität und Hochsensitivität. Mit einem Schlag wurde mir klar, warum ich anders bin als andere, warum ich mich zurück ziehen muss, warum ich so viele Dinge so extrem wahrnehme, dass sie mir emotional als auch körperlich wehtun. Warum ich Dinge wahrnehme, über die ich gar nicht sprechen mag, weil sie von den meisten Menschen als „spinnert“ bezeichnen würden.
Warum schreibe ich öffentlich darüber?
Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich es tue oder nicht. Denn ich bin nicht besser oder schlechter als andere und ich will auch nicht in irgendeine Schublade gesteckt werden. Zumal ich seit meiner Entdeckung mit niemanden darüber reden konnte und gleichnamige Foren im Internet gemieden habe, weil ich mich dort nicht wohl fühle.
Mut hat mir der Film „Sensitive – The Untold Story“ mit Dr. Elaine Aron und Alanis Morissette gemacht (nur auf englisch mit deutschem Untertitel). Ich hatte Tränen in den Augen, als ich das Interview mit Alanis sah. Denn ich fühle und erlebe es genauso.
Auszug aus dem Interview in The Untold Story
Dr. Elaine Aron: Jetzt wo ich Alanis Morissette kenne, halte ich sie für ein gutes Beispiel. Sie schreibt Songs, seit sie neun Jahre alt ist. So wie sie als Songwriterin wuchs, wuchs auch die Reizüberflutung. So verkaufte sich ihr Album „Jagged Little Pill“ weltweit über 30 Millionen Mal. Sie wurde absolut vergöttert.
Alanis Morissette: Auf der einen Seite wurden meine Eigenschaften als positiv und als Segen angesehen, und als etwas, dass einige Menschen unbedingt ausnutzen wollten. Und dann, im selben Atemzug war es etwas wie ein Fluch meines Daseins und eine Herausforderung für die Leute.
Dr. Elaine Aron: Die Leute wollen also die positive Seite deiner Sensibilität und sie wollen gleichzeitig, dass du die negative Seite loswirst. Aber du wirst sie nicht los.
Alanis Morissette: Gott weiß, ich habe es versucht. Ich dachte: „Also gut, ihr mögt den empfindsamen Teil nicht, die intensiven Gefühle die ich habe? Okay. Ich bin der bedürfnislose Roboter den ihr gerne hättet.“ Aber es gab eine große Fehlwahrnehmung, was meinen Lebensstil anging… Ich war zu anspruchsvoll, zu emotional, von allem zu viel, zu anstrengend. Daher verbrachte ich den Großteil meines Lebens damit, zu denken, dass ich ein Problem für die Menschen bin. Gleichzeitig bekam ich das Gefühl, dass das, was meine Hochsensibilität hervorbrachte, genau das war, was die Menschen wollten. Sie wollten das Ergebnis und die Früchte meiner Sensibilität. Aber sie wollten die Sensibilität selber nicht. Das war eine interessante Mischung: zum einen dafür geliebt und zum anderen dafür abgelehnt zu werden.
Nach dem Film und einem wunderbaren E-Mail Austausch mit Sue, die Anfang des Jahres einen Newsletter über Hochsensibilität verschickt hatte, habe ich mich dazu entschlossen, mein Anderssein nicht mehr zu verheimlichen. Denn spätestens wenn man in meine Kurse kommt, spürt man, dass ich anders bin. Was nicht immer einfach ist.
Ich möchte meine Kurse verändern. Ich möchte nicht mehr Workshops anbieten, bei denen ich denke, dass man es so tun muss, weil der Mainstream es verlangt. Viele Menschen möchten von mir lernen wie ich fotografiere, wie ich meine Bilder bearbeite. Und ich möchte das so gerne weitergeben. Doch einige sind nicht an mir interessiert, sie wollen einen schnellen messbaren Erfolg. Sie sind der Technik verhaftet und oder kommen aus ihrem Verhalten wie man lernt, nicht heraus und verlangen manchmal unbewusst Dinge, die ich nicht geben kann oder wollen einfach nur unterhalten werden. Doch das bin nicht ich.
Wer meine dunklen Fotografien mag, muss auch meine dunkle, melancholische Seite verstehen. Denn aus diesen Stimmungen heraus, entstehen meine Bilder und nicht weil ich einfach nur ein paar Regler zu Helligkeit und Kontrast verschiebe. Oft entstehen diese Bilder schon auf meinen Spaziergängen, weil ich mich gedanklich zwischen philosophischen und metaphysischen Themen bewege oder einen intensiven Traum hatte und aus diesen Gefühlen heraus Dinge anders wahrnehme und fotografiere. Doch wie soll ich das vermitteln, wenn man mit vielen Menschen nicht darüber reden kann. Wenn man immer an der technischen, seichten Oberfläche bleibt. Wenn man nicht offen mit seinem Gegenüber reden kann. Ich bin dann zutiefst unglücklich, weil ich das, was ich liebe, nicht weitergeben kann.
An dieser Stelle komme ich an meine Grenzen, weil alles, was ich mache, meiner Hochsensibilität und hochsensitiven Art entspringt. Wie kann ich das besser vermitteln? Vor allem, indem ich Menschen anspreche, die ebenso sensibel sind, es vielleicht noch nicht wissen, aber fühlen. Menschen, die mehr suchen als einen Fotokurs, die auch den zwischenmenschlichen Austausch wünschen.
In den nächsten Wochen und Monaten werde ich weiter daran arbeiten. Jetzt wo ich den ersten Schritt gegangen bin und mich nicht mehr verstecken will.
Ein erster Schritt in die Richtung ist ein neues Buchprojekt mit dem Titel „Gefühl und Verstand“ – Naturfotografie. Es steckt noch in den Anfängen und wenn ich meine Idee umsetzten will, dann brauche ich viele Unterstützer. Bist du dabei, ein außergewöhnliches Fotografie-Sachbuch zu unterstützen?
Ich freue mich sehr, wenn du mir schreibst. Gerne auch persönlich in einer E-Mail. Denn ich weiß, dass es nicht einfach ist, öffentlich darüber zu reden.