
우리 (Uri) – mehr als ein Wir
Ich liebe dieses Wort.
우리 (Uri).
Es bedeutet „wir“ – aber es trägt so viel mehr in sich. Nähe. Ein unsichtbares Band. Kein Wir gegen euch. Sondern ein Wir mit. Ein Wir, das trägt.
Im Deutschen gibt es ein deutliches Wort für das Ich – Ich.
Man spricht es aus, oft, selbstverständlich. Es bezeichnet den Einzelnen, der für sich steht, handelt, entscheidet. Und oft wird damit auch das Selbst gemeint – ein Gefühl von innerem Zusammenhalt, Identität, Kontinuität.

Im Koreanischen ist das anders. Man spricht in Bildern, in Beziehung, nicht in Besitz. Selbst 저는 (jeoneun – toennen gesprochen) – das Wort für Ich – wird selten benutzt. Es bleibt im Hintergrund.
Das Denken ist stärker auf Beziehungen ausgerichtet als auf das Einzelne.
Das Wir – 우리 (Uri) – umfasst nicht nur mehrere Personen, sondern einen sozialen Raum. Es bedeutet Zugehörigkeit, oft auch Geborgenheit.
Mein koreanischer Austauschpartner – er liebt gerade das an der deutschen Sprache: dass es ein Ich gibt, das sich zeigt und sich abgrenzt. Ich – nicht aufgelöst im Kollektiv.

Und ich? Ich liebe sein 우리 (Uri).
Weil ich darin etwas spüre, das mir fehlt. Es steht nicht nur historisch gesehen für die nationale Identität sondern auch für familiäre oder freundschaftliche Bindungen. Es ist ebenso ein Ausdruck für Wärme und Zusammenhalt.
우리 (Uri) meint: Du bist Teil. Weil du bist.
Ich wünsche mir beides.
Ein Ich, das stehen darf. Und ein 우리, das auffängt.
Nicht entweder oder. Sondern ein Zwischenraum.
Ein Zuhause.
Musik für die Seele
새야 새야 파랑새야 (Sae-ya, sae-ya, parangsae-ya)
새야 새야 파랑새야
(Vogel, Vogel, blauer Vogel)
Vogel, Vogel, blauer Vogel,
setz dich nicht auf das Mungbohnenfeld.
Wenn die grünen Blüten fallen,
wird der Händler im blauen Gewand
weinend davonziehen.
Vogel, Vogel, blauer Vogel,
setz dich nicht auf unser Reisfeld.
Vogel, Vogel, blauer Vogel,
setz dich nicht auf unser Feld.
Die Vögel im Süden fliegen nach Süden,
die im Norden fliegen nach Norden.
Vogel, Vogel, blauer Vogel,
setz dich nicht auf unser Feld.
Dieser Songtext stammt aus der Zeit der japanischen Besatzung und ist ein Widerstandslied – das scheinbar schlichte Bild des Vogels steht für die Sehnsucht nach Frieden, Schutz, Unversehrtheit.
Das „unser“ in „unser Feld“ (우리 밭에) ist wieder genau dieses 우리 (Uri), dass ich so liebe, ein Wir, das etwas bewahren will.
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Katrin Paul
Danke für diesen schönen kleinen Beitrag über Ich und Wir und das wundervolle Lied.