Spaziergang im Wald
Heute Morgen war ich schon früh im Wald mit meiner Hündin unterwegs. Es sollte wieder ein heißer Tag werden und da sind die Morgen- und Abendstunden mir die liebsten, unterwegs zu sein. Überall glitzerte es im frühen Morgenlicht und die Sonnenstrahlen brachen durch das dichte Laub. Ein bisschen Herbstgeruch liegt schon in der Luft. Die Birken sind an einigen Stellen schon richtig gelb und im Wald wachsen die Pilze und verströmen ihren eigenen erdigen Pilzgeruch.
Eine wunderbare Zeit. Ich begegne so gut wie keinen Menschen und im gleichmäßigen Rhythmus des Gehens kommen und gehen viele Gedanken und Ideen. Manchmal bin ich so sehr versunken, dass ich gar nicht bemerke, wie weit ich schon gelaufen bin. In den letzten Tagen hatte ich wieder sehr viel Sehnsucht nach der ruhigen Zeit aus meiner Kindheit. Wenn am Wochenende meine Oma beim klassischen Sonntagskonzert im Radio Nudelteig ausrollte und diesen anschließend in den Garten auf einem alten Holzbrett zum trocknen stellte. Es war so friedlich, so ruhig. Wir lebten in den Tag hinein und im Sommer lag ich stundenlang leicht schaukelnd in der Hollywoodschaukel und habe den Bewegungen von Licht und Schatten, die bei der leichten Bewegung entstanden, zugeschaut. Das flirren in der Luft, die Sonnenstrahlen die in mein Gesicht fielen. Es gab kein Handy, kein Telefon und Radio oder Fernseher waren die meiste Zeit ausgeschaltet. Einen Computer kannte ich noch nicht, trotzdem war mir nie langweilig.
Heute bin ich erschrocken über die Menschen, die Armbänder tragen, die ihnen vorschreiben, was sie essen und trinken, wie viel Blutdruck sie haben und wie viele Bewegung sie noch machen müssen. Ginge es nach den Krankenkassen, würden diese Daten übertragen werden und entsprechende Boni bei Wohlverhalten ausgeschüttet werden. Eine gruselige Vorstellung, die sicherlich schon bald Realität wird. Und es wird noch absurder, wenn im Radio gebracht wird, dass die Kirchen verbieten, dass auf Friedhöfen und Kirchen kein Pokemon gespielt werden darf, weil Kindergräber bei der Suche geschändet wurden. Letztens stand ich in der Schlange vor einer Reihe Einkaufswagen, weil die Frau in vorderster Reihe einige Whatsapp schreiben musste und nicht bemerkte, das mittlerweile viele Leute hinter ihr standen und auch einen Wagen nehmen wollten.
Während die einen mitten auf der Autobahn wenden, um einen Pokemon zu fangen, geschehen in Belgien, Frankreich und sicherlich auch in Deutschland Dinge, die mich ängstigen. Eltern, die ihre Kinder verlieren, weil diese sich entschließen, als Kämpfer nach Syrien zu gehen. Eltern, die von Staat und Gesellschaft keine Unterstützung erfahren, wenn sie ihre Kinder aufhalten möchten, stattdessen als Schuldige angesehen werden. Die Gesellschaft bricht immer mehr auseinander und Informationen erhält man nur, wenn man nachts um 2 Uhr auf Nischensendern durch Zufall eine Reportage zu dem Thema sieht. Als Mutter frage ich mich, wie kann ich mein Kind davor schützen, wie kann ich es verhindern, dass es in die Fänge solcher Menschen gerät, dass es ein Opfer von verschiedenen Machtinteressen wird.
Das sind die Momente in denen ich mich nach der Küche meiner Oma sehne. In der leise klassische Musik in der Ecke dudelte, auf dem Herd die Kartoffeln vor sich blubberten, während auf der Fensterbank in der Sonne ein einfacher Hefeteig wuchs und dabei sein unnachahmlichen Geruch verströmte. Ich saß dabei am Küchentisch und entsteinte mit dem alten Holzmesser Pflaumen. Die süßesten Hälften wanderten in meinen Mund. Das Licht brach sich in der Gardine und ich sah den Staubflusen beim tanzen in den Sonnenstrahlen zu.
Das flirrende Licht heute Morgen im Wald hat mich auf diese Gedanken gebracht. Es sieht nicht anders aus als bei meiner Oma in der Küche, nur das es nicht nach Hefeteig und Pflaumen roch, sondern ganz erdig und moosig nach Wald. Die Luft war noch kühl und die Sonne verfing sich in den vielen Spinnennetzen am Wegesrand. Heute morgen hatte ich seit langem mal wieder meine Kamera dabei. Seitdem ich eine Joggingleine habe, kann ich einen Hundespaziergang auch wieder mit Fotografie verbinden, ohne Angst zu haben, dass mein Jack-Russel seinem Jagdtrieb fröhnt und mir dabei die Kamera aus der Hand reißt oder das Bild verwackelt.
Am Wochenende soll es weiterhin so heiß bleiben. Vielleicht nutzt du die ganz frühen Stunden, um in die Natur zu gehen? Eine halbe Stunde vor der Arbeit kann kleine Wunder vollbringen. Also schnapp dir deine Kamera und wenn es nur die Handykamera ist und geh spazieren. Du wirst sehen, wie leicht sich der Arbeitsbeginn anfühlen wird….
Möchtest du auch auf einen kontemplativen Fotospaziergang in die Natur mitkommen? Im Oktober beginnt mein neuer Fotografie Onlinekurs: Im Einklang mit der Natur. Ich freue mich auf dich.