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Jana Mänz - Naturfotografie mit Seele

Zwischen Eigenwerbung und Echtheit – mein Widerspruch mit Instagram

29. Mai 2025
17 min Lesezeit

Inhaltsverzeichnis

  • »Ich bin auf Instagram, weil ich sichtbar sein muss – aber ich verliere dort genau das, was mich sichtbar macht: Beziehung.«
    • Was ist aus Instagram geworden – und woran liegt das?
    • Instagram ist keine soziale Plattform, es ist ein Werbekanal
    • Wer nicht klickt, fliegt raus
    • Meta erkennt Werbung – auch wenn du keine schaltest
    • Auch deine Bilder werden gescannt – maschinell, emotionslos
    • Es geht nicht um dich – sondern um deine Reaktion
    • Warum Instagram nicht für Kommunikation gebaut ist – obwohl es so aussieht
    • Der Algorithmus ist nicht dein Publikum – er ist dein Filter
    • Inhalte mit Tiefe fallen durch das Raster
    • Was bleibt, ist eine schiefe Wahrnehmung der Realität
  • Und nun?
    • Sichtbarkeit neu denken – für alle, die gerade erst anfangen
      • Setz nicht alles auf eine Karte
      • Erzähl, was dich bewegt – nicht, was funktioniert
      • Schreib für Menschen, nicht für Maschinen
      • Spiel mit Formaten, aber bleib dir treu
    • Finde dein eigenes Maß.
    • Vielleicht willst du das gar nicht?

Als ich 2012 zu Instagram kam, war das eine spielerische Entscheidung. Die App war genauso neu wie mein Samsung Galaxy Ace 2 Smartphone. Es ging um die Freude an der Fotografie, um die Neugier, Bilder zu teilen, Motive zu entdecken und andere Sichtweisen kennenzulernen. Damals steckten nicht nur Instagram, sondern auch meine Selbstständigkeit als Künstlerin noch in den Kinderschuhen. Ich bin mit der Plattform gewachsen. Was als Hobby begann, wurde allmählich zu einem Ort, an dem ich meine Arbeit zeigen konnte. Ohne Strategie, ohne Plan – einfach, weil es sich richtig anfühlte.

Vielleicht begann genau hier die Widersprüchlichkeit, den ich heute so deutlich spüre: Ich mache Werbung für mich und meine Arbeit als Künstlerin, um auf Instagram sichtbar zu werden – wie fast alle anderen auch. Gleichzeitig sorgt die Plattform jedoch dafür, dass ich selbst kaum noch sehe, was andere teilen. Während ich Verbindung suche, stoße ich immer häufiger auf gesichtslose Werbung, die mich vielfach einfach nur nervt. Und während ich Teil des Systems sein möchte, spüre ich, wie es mich ausschließt. Ein Widerspruch, den viele still mittragen, ohne ihn auszusprechen.

Lange Zeit war Instagram neben meinem Blog die einzige Plattform, auf der ich sichtbar sein wollte. Ich habe bewusst keine weiteren Kanäle bespielt. Instagram war für mich aber nicht nur ein Ort der Selbstvermarktung, sondern auch ein Schaufenster meines künstlerischen Schaffens. Als bildende Künstlerin mochte ich das ruhige quadratische Format und habe viele Jahre damit experimentiert.

Es waren ein paar schöne Jahre, besonders zwischen 2015 und 2019: Ich habe viel gepostet, viel ausprobiert und war im Austausch mit anderen. Ich habe mich bemüht und wollte gesehen werden. Mit meiner Arbeit, meinen Bildern und meinen Gedanken wollte ich wachsen.

Aber irgendwann wurde es merkwürdig. Die Reichweite ging zurück. Die Reaktionen wurden weniger. Es fühlte sich an, als würde ich in einen leeren Raum sprechen. Und ich habe weitergemacht, auch weil ich damals glaubte, dass das mit dem Algorithmus nicht so schlimm ist. Ich gab mir noch mehr Mühe. Noch mehr Energie. Irgendwann war es zu viel: Instagram-Burnout. Ich konnte nicht mehr.

Während der Zeit von Corona habe ich den Account zum ersten Mal für mehrere Monate stillgelegt. Keine Posts, keine Stories, gar nichts. Als ich wiederkam, waren über 800 Follower verschwunden. Ich hatte einst über 3.000, plötzlich waren es deutlich weniger.

Das war ein Tiefschlag. Bis heute habe ich diese Zahl nie wieder erreicht.

Immer mehr Zweifel kamen auf: Wer war da überhaupt noch echt? Welche Accounts, welche Menschen, welche Reaktionen? Natürlich war mir bewusst, dass man sich Follower und Likes kaufen kann und dass hinter vielen Accounts keine echten Menschen stehen. Das habe ich jedoch ausgeblendet, auch weil ich einige meiner Follower als Leser persönlich kenne.

Ich habe es noch einmal versucht und meinen Account wieder aktiviert. Erneut habe ich Inhalte geteilt und fleißig gearbeitet. Bis es ein zweites Mal nicht mehr ging. Diesmal war die Pause länger und ich habe weit über ein Jahr ausgesetzt.

Dann kam etwas Neues in mein Leben: die Faszination für Korea und Japan. Ich wollte tiefer eintauchen und verstehen, was ich intuitiv spürte: die Atmosphäre, die Sprache, die Bilder. Instagram wurde für mich zu einem Fenster in diese Welt. Seither folge ich dort vielen koreanischen und japanischen Fotografen, Künstlern und Menschen, die einfach ihre Umgebung zeigen: ihre Stadt, ihre Natur.

Eine Kommunikation im westlichen Sinne findet kaum statt. Die Sprache steht dazwischen – und auch die Kultur, in der Zurückhaltung ein Zeichen von Respekt ist. Manchmal schreibe ich ein paar Worte auf Englisch unter ein Bild, aber ich erwarte keine Antwort. Und das ist in Ordnung. Ich schaue, ich lese, ich like. Mehr brauche ich nicht. Es genügt mir, für einen Moment in eine andere Sichtweise einzutauchen.

Ab und zu poste ich dennoch ein Bild – meist aus meiner Naturfotografie oder zu japanischer Ästhetik, um zu zeigen, woran ich arbeite. Aber ich weiß, dass diese Beiträge kaum jemand sieht. Sie verschwinden im Strom der Reels, Werbeanzeigen und gesponserten Inhalte. Kommentare? Selten. Sichtbarkeit? Zufall.

Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden. Und trotzdem taucht in meinem Browser immer wieder dieselbe Art von Werbung auf:

„Wie du mit nur drei Tricks deine Reichweite bei Instagram verdoppeln kannst.“
„Wie du mehr Likes bekommst – und endlich gesehen wirst.“
„Wie du den Algorithmus überlistest.“

Darunter befindet sich ein Call-to-Action, ein Online-Kurs und ein Video.
Nicht, um mir zu helfen, sondern um an meiner Unsicherheit zu verdienen.
Denn so funktioniert das Geschäftsmodell: Die Plattform verändert sich ins Unkenntliche und während ich versuche, irgendwie sichtbar zu bleiben, verkauft mir jemand die Anleitung zum Überleben im System.

Eine Anwendung, die längst nicht mehr für mich gedacht ist.

Woran liegt es eigentlich, dass man auf Instagram so viel gibt – und so wenig zurückkommt?

»Ich bin auf Instagram, weil ich sichtbar sein muss – aber ich verliere dort genau das, was mich sichtbar macht: Beziehung.«

Was ist aus Instagram geworden – und woran liegt das?

Ich habe mich lange gefragt, warum meine Bilder kaum noch gesehen werden. Ich verbringe Stunden damit, Texte zu verfassen und sorgfältig auszuwählen, was ich zeigen möchte, doch am Ende schauen vielleicht 30 oder 40 Menschen vorbei, obwohl mir über 2.400 folgen. Zunächst dachte ich, es läge an mir. Vielleicht bin ich langweilig geworden. Vielleicht poste ich zur falschen Zeit. Vielleicht sind meine Bilder nicht mehr gut genug.

Aber das ist es nicht. Es ist das soziale Netzwerk selbst, das sich verändert hat.

Instagram ist keine soziale Plattform, es ist ein Werbekanal

Früher war Instagram nicht nur ein Ort, um seine Arbeiten zu präsentieren, sondern auch eine Plattform für Austausch. Menschen posteten Bilder, kommentierten und entdeckten Neues. So habe ich nicht nur die Autorinnen meiner Lieblingsromane kennengelernt, sondern auch Neuerscheinungen entdeckt. Ich folge nicht nur meinen Lieblingsmusikern, sondern freue mich, wenn ich erfahre, wann und wo ein Konzert stattfindet.

Diese Form der Eigenwerbung hat mich nie gestört, im Gegenteil. Im Gegenzug war ich überglücklich, als ich über Instagram viele Menschen für meine damalige Crowdfunding-Kampagne begeistern konnte und mein Buchprojekt 2019 erfolgreich unterstützt wurde. Aktuell wäre das alles nicht mehr möglich.

Heute ist es ein durchoptimiertes Werbesystem zur Maximierung der Verweildauer. Der Algorithmus zeigt dir nicht, was du sehen möchtest, sondern das, was dich am längsten in der App hält. Und das ist nicht unbedingt das, was dir guttut. Es ist das, was dich emotional beschäftigt, dich aufregt, triggert und festhält. Auch wenn es wehtut.

Wer nicht klickt, fliegt raus

Instagram zeigt Beiträge nur noch dann, wenn sie schnell Reaktionen hervorrufen. Bekommt ein Beitrag in den ersten Minuten keine Likes, Kommentare oder geteilte Nachrichten, wird er automatisch zurückgestuft. Er verschwindet unsichtbar in der Versenkung. Es spielt keine Rolle, wie gut das Bild ist oder wie durchdacht der Text ist. Es zählt nur die „Performance“ – ein Begriff aus dem Marketing, nicht aus der Kunst.

Nur wer regelmäßig interagiert, also Beiträge liked, speichert oder kommentiert, bekommt überhaupt noch Inhalte der Menschen angezeigt, denen er folgt. Wer einfach nur „still folgt“, wird vom System als uninteressiert eingestuft.

Das erklärt auch, warum ich viele Accounts, die ich eigentlich mag, nie wieder in meinem Feed sehe. Und warum meine eigenen Bilder vielen nicht mehr angezeigt werden. Und es erklärt, warum Influencer wie in einer Dauerwerbungsendung lautstark rufen: „Like, Folge, Kommentiere!“.

Meta erkennt Werbung – auch wenn du keine schaltest

Ich habe festgestellt: Sobald ich über meine Bücher oder Workshops schreibe, bricht die Reichweite ein. Nicht ein bisschen, sondern massiv. Denn Instagram analysiert nicht nur, was auf dem Bild zu sehen ist, sondern auch, was im Text steht. Begriffe wie „Workshop“, „Neu erschienen“ oder sogar das harmlose „Link in Bio“ genügen, um den Beitrag als potenziell werblich zu kennzeichnen.

Und was passiert dann? Der Beitrag wird automatisch weniger ausgespielt, es sei denn, du zahlst dafür oder die Person hat stark mit deinen Inhalten interagiert. Das ist keine Verschwörung. Meta verdient sein Geld mit Werbung und hat kein Interesse daran, dass Menschen kostenlos Werbung machen. Denn das würde mit dem eigentlichen Geschäftsmodell konkurrieren: bezahlte Anzeigen.

Auch deine Bilder werden gescannt – maschinell, emotionslos

Es ist kaum vorstellbar, aber es passiert: Instagram analysiert deine Bilder mithilfe von künstlicher Intelligenz. Wenn auf einem Bild ein Cover, Flyer oder Plakat, ein QR-Code oder ein Textausschnitt, Zitat oder Überschrift zu sehen ist, wird das erkannt und als werblich eingestuft. Das betrifft auch Karussellposts mit mehreren Bildern sowie Bilder mit Grafiken. Alles, was irgendwie nach einem Produkt aussieht, wird in der Sichtbarkeit eingeschränkt.

Ich habe das mehrfach selbst erlebt: Ein Blumenbild mit einem poetischen Text wurde hingegen hundertfach ausgespielt. Solche Posts werden als „Low-Intent-Posts“ bezeichnet: Sie sind schön, harmlos, schnell erfassbar und enthalten keinen Call-to-Action, wie es in der Werbesprache heißt.

Solche Beiträge entsprechen genau dem, was Instagram als engagementfreundlich betrachtet: kurze Aufmerksamkeitsspanne, schnelle Reaktion (Like, Herzchen). Ein Beitrag, in dem ich auf meinen Kurs hingewiesen habe und bei dem ich eine ganz normale Naturfotografie gepostet habe, erreichte jedoch nicht einmal 50 Menschen.

Es geht nicht um dich – sondern um deine Reaktion

Das Entscheidende ist: Instagram interessiert sich nicht für dich als Person, sondern für dein Verhalten. Die Plattform misst nicht, was dir guttut, sondern was dich auf der Plattform hält. Was bringt dich dazu, noch ein Bild anzuschauen? Noch einen Beitrag zu speichern? Noch einmal zurückzuscrollen?

Und manchmal ist es genau das, was dich verunsichert. Was dich traurig macht. Oder wütend. Denn alles, was Emotionen auslöst – auch negative –, wird vom System als „wirksam“ erkannt. Es spielt keine Rolle, ob ein Beitrag dein Selbstwertgefühl schwächt oder dein Realitätsempfinden verzerrt. Wenn du dich daran aufhältst, wird er als relevant eingestuft. Das bedeutet: Du bekommst mehr davon.

Nicht, weil es gut ist, sondern weil es Aufmerksamkeit bindet.

So wird aus einem ursprünglich sozialen Netzwerk ein System, das nach ganz anderen Regeln funktioniert. Es kennt keine ethischen Kategorien, kein Maß für Echtheit und kein Gefühl für Nuancen. Es weiß nur: Das funktioniert. Und genau das wird verstärkt. Immer weiter. Bis sich das eigene Weltbild verschiebt und es so aussieht, als würden alle anderen in einer glitzernden, perfekten Welt leben. Nur man selbst steht still am Rand.

Für viele Erwachsene ist dieses Gefühl irritierend oder frustrierend. Für Jugendliche in der Phase der Selbstfindung kann es jedoch zerstörerisch sein. Wer mitten in der Pubertät steckt und ohnehin mit Unsicherheiten oder psychischen Belastungen kämpft, reagiert oft besonders sensibel auf diese ständige Konfrontation mit scheinbarer Perfektion. Wenn dann noch das eigene Verhalten darüber entscheidet, was man zu sehen bekommt, ohne dass man es bewusst steuern kann, wird die Plattform zu einem Spiegel, der nicht die Wirklichkeit zeigt, sondern das, was am tiefsten trifft.

Warum Instagram nicht für Kommunikation gebaut ist – obwohl es so aussieht

Nach wie vor wird Instagram als „soziales Netzwerk“ bezeichnet. Wer dort jedoch versucht, echten Austausch zu betreiben, merkt schnell: Dafür ist es nicht mehr gemacht.

Was wie Interaktion aussieht – Likes, Emojis, kurze Kommentare – ist oft nur oberflächlich. Nachrichten landen in einem Ordner namens „Anfrage“, den viele gar nicht öffnen – besonders bei größeren Accounts. Instagram möchte keine langsame, tiefgehende Kommunikation. Es möchte schnelle Reaktionen. Kurze Aufmerksamkeit. Häppchen, die man unterwegs konsumieren kann. Alles, was über diese Struktur hinausgeht – Reflexion, Tiefe, komplexe Themen – passt nicht ins System.

Kommentare werden algorithmisch bewertet. Nur die ersten paar Antworten zählen wirklich, der Rest wird selten angezeigt. So entstehen Lücken in der Kommunikation. Manchmal glaubt man, niemand hätte etwas geschrieben, und entdeckt später zufällig einen Kommentar, den das System ausgeblendet hat. Es ist, als würde selbst der Versuch, in Kontakt zu treten, durch einen Filter gehen. Was dieser Filter nicht versteht, verschwindet.

Der Algorithmus ist nicht dein Publikum – er ist dein Filter

Damit wird es für Künstler, Fotografen und Autoren zunehmend schwerer, überhaupt noch sichtbar zu werden. Denn der Algorithmus entscheidet, ob ein Werk gesehen wird. Er bewertet ein Bild nicht danach, was es ausdrückt, sondern danach, ob es in den ersten Sekunden genügend Reaktionen erzeugt. Er bevorzugt Inhalte, die sich in wenigen Wörtern, einem schnellen Blick oder einem Soundbite erfassen lassen. Das ist für viele Formen von Kunst, Fotografie oder tiefem Denken schlichtweg unmöglich.

Inhalte mit Tiefe fallen durch das Raster

Komplexere Themen werden abgewertet, da sie als „nicht klickfreundlich“ gelten. Wer Inhalte teilt, die nicht innerhalb von Sekunden verstanden werden können, wird von der Plattform als „langweilig“ eingestuft und entsprechend aussortiert. Das ist kein Designfehler, sondern gewollt.
Texte, die erst beim zweiten Lesen wirken, etwas erfordern, etwa Konzentration, Nachdenken oder ein Gefühl für Zwischentöne, werden in dieser Logik automatisch benachteiligt. Die KI erkennt: wenige Klicks, wenig schnelle Interaktion → also uninteressant.

Auch Bilder, die ruhig, poetisch oder symbolisch sind und somit nicht sofort als „visueller Reiz“ funktionieren, haben es schwer. Der Algorithmus „versteht“ sie nicht. Und was er nicht versteht, zeigt er nicht.

Hinzu kommt, dass Meta aktiv beschlossen hat, die Reichweite von Posts, die gesellschaftliche oder soziale Themen ansprechen, einzuschränken. Betroffen sind nicht nur Wahlaufrufe oder Protestbilder, sondern auch künstlerische Arbeiten, die sich mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen. Sichtbarkeit gibt es nur noch für das Unpolitische, das Glatte, das Harmonische, das Kommerzielle.

Auch die Funktion von Hashtags hat sich verändert. Was früher ein Werkzeug war, um neue Menschen zu erreichen, ist heute kaum noch wirksam. Instagram zeigt nicht mehr alle Beiträge zu einem Hashtag an, sondern nur eine kuratierte Auswahl sogenannter „Top-Posts“. Wer nicht in diesen kleinen Kreis hineinfällt, bleibt unsichtbar. Selbst sorgfältig gewählte Begriffe erreichen niemanden mehr, da nicht der Inhalt, sondern dessen kalkulierbare Reichweite entscheidend ist.

Was bleibt, ist eine schiefe Wahrnehmung der Realität

Je mehr sich der Algorithmus auf die „funktionierenden Inhalte“ konzentriert, desto einseitiger wird das Bild, das man von der Welt erhält. Auf der einen Seite stehen die lautesten, grellsten und einfachsten Beiträge. Auf der anderen Seite ein leises Verschwinden all dessen, was sich nicht binnen Sekunden erschließt.

Das betrifft nicht nur politische Themen, sondern auch Kunst, Literatur, Naturfotografie oder philosophische Fragen – kurz: alles, was Zeit braucht. Und genau das ist der Punkt: Zeit hat im System Instagram keinen Platz.

Und nun?

Nein, dieser Artikel ist kein Aufruf, Instagram den Rücken zu kehren und alles zu löschen. Ich habe selbst oft darüber nachgedacht und bin denoch geblieben. Nicht nur, weil ich mein eigenes Archiv, das über 12 Jahre alt ist, nicht löschen möchte – schließlich hängen viele Erinnerungen daran –, sondern auch, weil ich sehen möchte, was andere sehen.

Weil es Menschen gibt, deren Blick auf die Welt mir etwas bedeutet – auch wenn ich keine Antwort bekomme. Ich bleibe, weil ich manchmal ein Fenster in Kulturen, Sprachen und Bildwelten brauche, die mir fern sind und doch nah. Aber ich bleibe nicht um jeden Preis.

Ich habe keine Erwartungen und investiere meine Zeit nicht mehr in ein System, das nur nach Performance fragt. Ich nutze Instagram wie ein altes Notizbuch: zum Sammeln, zum Beobachten und zum gelegentlichen Teilen. Und das genügt. Für alles andere suche ich mir Räume, die besser zu mir passen.

Vielleicht ist genau das die Haltung, die wir als Künstlerinnen und Künstler wiederentdecken dürfen: Wir sollten uns nicht vom Algorithmus erzählen lassen, was zählt. Sondern es selbst bestimmen.

Es geht nicht darum, alles abzubrechen. Vielmehr geht es darum, sich klarzumachen, wo man steht. Und zu entscheiden: Wofür investiere ich meine Zeit, meine Kraft und meine Gedanken? Und wer sieht wirklich, was ich zeige? In diesem Sinne:

Sichtbarkeit neu denken – für alle, die gerade erst anfangen

Wenn du heute bei Instagram neu startest, tust du das nicht mehr in einem freien Feld. Du beginnst in einem System, das sich längst selbst überholt hat. Sichtbarkeit entsteht nicht mehr allein durch schöne Bilder und regelmäßige Beiträge. Es geht nicht mehr darum, was du zeigst, sondern darum, was schnell wirkt. Was klickt. Was zieht.

Und doch heißt das nicht, dass alles verloren ist. Es bedeutet lediglich, dass wir anders schauen müssen. Anders fragen. Und anders erzählen.

Setz nicht alles auf eine Karte

Instagram kann ein Fenster sein, aber kein Zuhause. Wer heute sichtbar sein möchte, sollte sich nicht auf eine einzige Plattform verlassen. Stelle stattdessen ein Netzwerk aus verschiedenen Kanälen auf: deine Webseite, dein Newsletter, gute Inhalte, die geteilt werden, sowie Gespräche, die nicht quantifizierbar sind. Oft entsteht Sichtbarkeit dort, wo keine Zahlen mitlaufen.

Erzähl, was dich bewegt – nicht, was funktioniert

Menschen folgen nicht aufgrund von Algorithmen. Sie folgen aus Nähe und suchen Wahrhaftigkeit. Es braucht keine Strategie, sondern deine Stimme. Was lässt dich innehalten? Was bringt dich zum Staunen? Was treibt dich an? Wer deine Geschichte fühlt, bleibt. Und wer bleibt, wird sie weitertragen.

Schreib für Menschen, nicht für Maschinen

Bevor du einen Beitrag veröffentlichst, frage dich: Würde ich das auch so sagen, wenn es keinen Algorithmus gäbe? Wenn niemand darauf reagieren würde? Wenn die Worte einfach nur still dastehen würden – als Zeichen deiner Gegenwart? Wenn du diese Fragen mit Ja beantworten kannst, dann ist es richtig.

Spiel mit Formaten, aber bleib dir treu

Du musst keine Reels erstellen, wenn du lieber Worte wählst. Du musst nicht tanzen, wenn du lieber beobachtest. Finde die Form, mit der du dich am besten ausdrücken kannst, und nutze sie auf die Weise, die dir entspricht. Vielleicht ist ein einziger Satz auf einem dunklen Bild wirkungsvoller als zehn blinkende Stories.

Finde dein eigenes Maß.

Es ist nicht notwendig, dem Tempo der anderen zu folgen. Du musst dich nicht erschöpfen – und das schreibe ich aus eigener bittervoller Erfahrung!. Zwei Beiträge pro Monat, die von Herzen kommen, können mehr bewirken als zwanzig, die dich am Ende leer zurücklassen. Sichtbarkeit ist kein Sprint. Sie ist ein Weg, den du mit dir selbst im Gleichgewicht gehen musst.

Am Ende geht es nicht darum, um jeden Preis gesehen zu werden.
Es geht darum, dass du dich nicht selbst verlierst!

Eventuell fragst du dich nun: „Aber es gibt doch so viele erfolgreiche Accounts mit Tausenden von Followern!” Was machen die anders? Kann ich nicht auch so erfolgreich werden?

Die einfache Antwort lautet: Ja, wenn du bereit bist, dich auf das Spiel einzulassen. Wenn du regelmäßig postest, Reels drehst, Trends kopierst, Schlagworte benutzt und dein Leben inszenierst.

Wenn du Inhalte produzierst, die leicht konsumierbar sind, schnell wirken und möglichst vielen gefallen. Viele der großen Accounts funktionieren genau so: mit einer klaren Strategie, viel Zeit und oft auch einem großem Team im Hintergrund. Damit treffen sie genau das, was der Algorithmus liebt: Aufmerksamkeit, Reaktion, Verweildauer.

Und ja, viele dieser Inhalte wirken belanglos. Manches ist schlicht, anderes schrill, oft berechnend, designed für Aufmerksamkeit, nicht für Nachklang. Aber offensichtlich treffen sie einen Nerv.
Der Algorithmus belohnt schließlich genau das: das Schnelle, das Einfache, das Wiedererkennbare.

Womöglich, weil viele Menschen nach genau dieser Art von Ablenkung suchen. Etwas, das nicht fordert, nicht irritiert und nicht zu tief geht. Etwas, das sie durch den Tag bringt. Ein kurzer Dopaminkick statt einer echten Verbindung.

Vielleicht willst du das gar nicht?

Manche wollen nicht ständig senden, sondern auch wahrnehmen. Sie wollen nicht performen, sondern das sichtbar machen, was nicht auf den ersten Blick wirkt. Wer Kunst zeigt, Gedanken teilt und Beobachtungen festhält, die nicht spektakulär sind, passt nicht ins schnelle Raster. Dafür gibt es keinen Plan und keine garantierte Reichweite. Was bleibt, ist sicherlich kein „Erfolg” im System, sondern ein echtes Gegenüber. Auch wenn es selten wird. Auch wenn es unbeantwortet bleibt.

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Auch in diesem Jahr arbeite ich mit Herz und Verstand daran, Inhalte zu schaffen, die berühren, inspirieren oder zum Nachdenken anregen. Doch hinter Texten, Bildern und Projekten stehen nicht nur Ideen, sondern auch ganz praktische Dinge wie Serverkosten, Technik, Pflege der Webseite – und Zeit, die ich investiere, um Qualität möglich zu machen. Wenn dir meine Arbeit etwas bedeutet, freue ich mich über deine Unterstützung – ganz unkompliziert per Spendenbutton. Denn ich möchte meine Inhalte weiterhin für alle zugänglich halten.
Ohne Paywall. Ohne Werbung. Einfach ehrlich.
Danke von Herzen. Jana

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Jana Mänz

– geboren 1976 in Halberstadt. In ihrer künstlerischen Arbeit verbindet sie die Liebe zur Natur mit einer tiefen Auseinandersetzung mit japanischer Ästhetik und ostasiatischer Kunst. Statt die Welt abzubilden, sucht sie nach den stillen Momenten dazwischen – nach Licht, Vergänglichkeit und innerer Resonanz. Ihre Bilder entstehen nicht aus dem Wunsch nach Perfektion, sondern aus dem Bedürfnis, dem Wesen der Dinge näherzukommen. In ihren Workshops geht es nicht um Technik, sondern darum, wie sich Sehen, Empfinden und Natur auf neue Weise verbinden lassen.

🕊️ Hinweis: Ich freue mich über persönliche, wertschätzende Kommentare. Mein Blog ist ein geschützter Raum für respektvollen Austausch – polemische, verletzende oder themenfremde Beiträge werden nicht freigeschaltet.

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