Von Yohaku-no-bi und den Gärten der Mondseufzer
Liebst du ebenso verregnete Sonntage so wie ich? Wenn der Regen leise auf die Dachschrägen trommelt, ein wunderbares entspannendes Geräusch und der Moment, wo ich am liebsten ein Buch lese. Heute waren es Bücher rund um das Thema Permakultur.
Obwohl ich den Begriff noch nicht so lange kenne, habe ich viele Elemente dieses Kreislauf-Prinzipes in meinem kleinen Stadtgarten schon länger umgesetzt: Von Wurmkiste, Hochbeet und Mulchen mit Stroh bis hin zum Miniteich und entsprechenden insektenfreundlichen Pflanzen. Schon viele Jahre wohnt die Holzbiene in meinem Hinterhof und ich wollte gerne, dass noch mehr Wildbienen kommen. Sie sind seit dem Frühjahr da und aktuell brütet auch ein Rotschwänzchen im Fachwerk, was mich besonders freut da nur noch wenige Singvögel in meinem Stadtgarten zu hören und zu sehen sind.
Das Thema Garten habe ich in den letzten Jahren für mich wieder entdeckt (ich bin als Kind mit einem großen Selbstversorgergarten aufgewachsen) und gerade im Lockdown der letzten Monate hat er mir sehr viele Freude und Ruhe geschenkt. Das der Garten in der Literatur eine große Rolle spielt, ist verständlich und das Thema verbindet Menschen fremder Kulturen miteinander. In der letzten Woche habe ich ein Buch gelesen, in dem der japanische Garten, der Garten der Mondseufzer, im Mittelpunkt steht.
Liest du gerne?
Kennst du das Gefühl, wenn dich eine Geschichte tagelang ganz tief in dir berührt, deine Gedanken fesselt und ein besonderes Gefühl von Glück und Wehmut durch deinen Körper rauscht. Das ist ein bisschen so, als wenn man sich verliebt, nur auf eine subtilere Art und Weise. Das schaffen nur wenige Bücher bei mir und umso überraschter bin ich, wenn es durch Zufall eintritt. Immer noch von dieser Grundstimmung positiv beeinflusst schreibe ich dir diesen Brief, weil der Roman „Namiko und das Flüstern“ von Andreas Séché* genau das in mir ausgelöst hat. Ein Buch das ich innerhalb einer Nacht verschlungen habe.
Worum geht es?
Ein junger Mann Ende 20, Reporter bei einer Hamburger Tageszeitung fliegt zur Recherche über japanische Gärten nach Kyoto in Japan. In einem der berühmten Zen-Gärten lernt er die japanische Studentin Namiko kennen und lieben. Er muss sich innerhalb kürzester Zeit entscheiden, ob er in Japan bleibt oder nach Hamburg zurück geht.
Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, nur dass das Buch eine ungeahnte Wendung nimmt. Die Stärke des Buches ist der Tiefgang der Geschichte, das Geheimnisvolle, eine Reise in eine rätselhafte Welt, die man schon auf den ersten Seiten spürt und eintauchen lässt.
Ich habe einen kleinen Textauszug mitgebracht, der mich vor allem als Fotografin sehr angesprochen hat. Das Thema Reduzieren, Einfachheit begleitet mich schon seit vielen Jahren.
»In solchen Gärten geht es nicht so sehr darum, woraus sie gestaltet werden, sondern wie. Ein wichtiges Stilmittel der Zen-Kunst ist etwas, das man ›kostbare Einfachheit‹ nennt. Dazu gehört eine gewisse Schmucklosigkeit, ein Abwenden von äußeren Formen. Alt werden zum Beispiel ist so gesehen kein Sterben, sondern ein bewusster Verlust des äußeren Fleisches, um die Knochen sichtbar werden zu lassen, sozusagen den Kern der Dinge. Der Kern der Dinge wird von äußeren Hüllen umso mehr verdeckt, je farbiger und schmuckvoller sie uns den Blick ins innere Wesen versperren.
Das ist vielleicht der Grund, warum sowohl die Gartenkunst als auch der Zenbuddhismus so sehr von Kargheit geprägt sind: Beide sind darauf aus, hinter die sichtbaren Fassaden des Lebens zu blicken und innere Wahrheit zu finden.
Du kennst ja die großen, weißen Sandflächen*** in vielen japanischen Gärten.«
»Klar.«
»Man nennt das yohaku no bi, die Schönheit des besonders Weißen. Das gleiche Prinzip findest du in der japanischen Tuschemalerei, wo der Künstler sich auf wenige Pinselstriche beschränkt und der Rest des Bildes weiß bleibt. Manchmal ist das Weglassen wichtiger als das Hinzufügen«, erklärte Namiko und senkte beim letzten Satz ihre Stimme.«
Quelle: Andreas Séché (2019): Namiko und das Flüstern*
ISBN-13 : 978-1793007582
Yohaku-no-bi ist auch ein Stilmittel in der Fotografie und bezieht sich auf die Schönheit der leer, bzw. weiß gelassenen Fläche im Bild. Das kann ein weiter Himmel sein, eine neblige oder verschneite Landschaft. Das Sujet, zum Beispiel der Baum, die Felsformation erlangt erst durch einen Leerraum seine volle Bedeutung. Dadurch, dass nicht alles dargestellt wird, nicht alles fotografiert wird, nicht alles gesagt wird, verbleibt stets ein Moment der Andeutung. Auf diese Weise bleibt etwas Geheimnisvolles, Verborgenes, was die Stimmung des Yūgen hervorrufen kann.
Wenn dich die Themen der japanischen Ästhetik ansprechen und die mehr darüber wissen willst, dann empfehle ich dir mein neues Buch „Gefühl und Verstand – Naturfotografie“ .
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Gefühl und Verstand – Naturfotografie
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Zum Inhalt
„Umami, Kintsugi, Wabi-Sabi – Was hat das mit Fotografie zu tun? Darüber und wie sie mit den Gedanken und Emotionen, die uns zum Fotografieren in die Natur treiben, zusammenhängen, schreibe ich in diesem Buch. In unserer Fotografie – als einem Gesamtsystem aus Mensch, Natur und Technik – erwächst eine neue Tiefe, wenn wir uns ihr sowohl mit Verstand als auch mit Gefühl nähern. Dabei lass ich mich von Grundgedanken aus der japanischen Ästhetik leiten.
Die hochwertige, ökologische Ausstattung in Verbindung mit traditionellem Kunsthandwerk macht jedes Exemplar zu einem Einzelstück – kunststofffrei und recycelbar. In der handgemachten Herstellung spiegelt sich damit auch der Inhalt wider, Text, Fotografien und Form verbinden sich zu einer kunstvollen Einheit.“
Hier kannst du dir das Inhaltsverzeichnis und ein Probekapitel kostenlos downloaden.
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Jana Mänz
„Fotografie aus Leidenschaft“, das ist das Motto der 1976 in Halberstadt geborenen künstlerischen Fotografin und Buchautorin Jana Mänz. Als Natur- und Landschaftsfotografin zeigt sie uns die Welt auf ungesehene Weise. Die Abbildung der Wirklichkeit lässt sie dabei gerne hinter sich, um mit ganz eigener Handschrift Bilder zu schaffen, die im Gedächtnis bleiben. Gerne gibt Jana Mänz ihr Wissen weiter: Sie unterrichtet Fotografie und Bildbearbeitung.
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Anke Wiedholz
Liebe Jana, ich freue mich so, und gratuliere dir, dass du dein Herzensprojekt endlich fertigstellen konntest, das ich seit 4 Jahren verfolge und deine Ausdauer und Leidenschaft bewundert habe. Dich kennengelernt und deine Art der Fotografie lieben gelernt habe ich 2015 in dem Online Fotokurs „Zen-Photographie“, den du mit Beatrix Rautenberg geleitet hast. Im Oktober 2020, mitten im Lockdown, habe ich bei Bea einen online Kurs „Blossoming soul circle“ mitgemacht, der in mir eine unglaubliche Kreativität explodieren ließ, die nun meine Fotografie mit Collage und Malerei verbindet. Ich kann es kaum erwarten, dein Buch endlich in Händen zu halten. Wenn ich inzwischen auch nur noch mit dem iPhone fotografiere, bin ich überzeugt, dass mir dein Buch neue Impulse geben wird. Von meiner Systemkamera habe ich mich bewusst getrennt, da sich dort immer die Technik und der Drang zum perfekt gestalteten Bild in den Vordergrund drängte. Heute gehe ich in die Natur und knipse, was meine Seele berührt, und verarbeite es in meinen Gestaltungen. Bisher neigen meine Bilder dazu, zu viele Elemente zu zeigen, und da hoffe ich, von deinem Buch neue Impulse zur Reduktion zu erhalten.
Liebe Grüße und viel Erfolg mit deinem Buch
Anja oder Anjuccia oder Anke