Führst du ein gutes Leben? Bist du ein zufriedener Mensch?
Bestimmt hast du dir die Fragen nach einem guten Leben auch schon gestellt. Bist du zufrieden mit deinem Leben, bist du glücklich? Ich persönlich denke, dass die Fragen gar nicht so einfach zu beantworten sind. Es kommt wie immer auf die Perspektive an.
Sieht man mein Leben aus der Distanz, führe ich ein Leben, das nicht besser sein könnte. Ich lebe im Gegensatz zu vielen anderen Menschen auf der Erde im Frieden, habe die Möglichkeit einen freien, kreativen Beruf auszuüben, habe eine warme, sichere Wohnung mit Strom und Wasser, ich muss nicht hungern – im Gegenteil, die Fülle an Lebensmitteln, Konsumgütern scheint unendlich und immer verfügbar.
Aber führt man aufgrund materieller Sicherheiten ein gutes Leben?
Petra Bartoli y Eckert hat sich dem Thema angenommen und ist im Sommer 2020 drei Wochen durch das Salzburger Land, durch Bayern, Baden-Württemberg und Tirol gewandert, um mit Menschen über dieses Thema zu sprechen. Daraus ist ein Buch entstanden mit dem Titel „Zum Glück zu Fuß: Begegnungen auf der Suche nach dem guten Leben.
Ich habe es in den letzten Wochen gelesen, denn ich war sehr neugierig darauf zu erfahren, wie andere Menschen ihr Leben sehen.
Schon im ersten Kapitel wurde ich überrascht. Nach wenigen Seiten hatte ich das Gefühl, dass ich den Interviewpartner Georg kenne. Mit jedem neuen Abschnitt verstärkte sich die Vermutung, sodass ich in meinem Archiv auf die Suche ging. Wie schon so oft bestätigte sich meine Ahnung, dass Georg und ich uns schon seit 2016 kennen. Damals besuchte er meinen ersten Onlinekurs „PhotoZen – Bilder für die Seele“. Mit den Jahren verloren wir uns aus den Augen und umso schöner war es, dass ich in Petra ihrem Buch Georg neu kennen lernen durfte. Besonders hat mich sein Lebensweg beeindruckt: Vom Diplomtheologe, Webdesigner zum Coach und Fotografen. Das hat mich auch ein wenig an mich erinnert, technische und spirituelle Themen beruflich auszuleben.
Daher freute mich die Frage von Petra:
„Das ist eine ganze Menge. Wer oder was bist du denn nun?“, will ich von ihm wissen. Georg lacht. „Wenn ich das wüsste …“ Dann überlegt er eine Weile. „Ja, das ist wirklich meine Krux, dass ich so viel Verschiedenes mache und immer noch auf der Suche bin: Wer bin ich eigentlich, wo möchte ich hin?“
Im weiteren Verlauf des Gespräches geht es um das Thema Berufung und welche Bedeutung Bilder haben:
„Glaubst du, jeder Mensch ist irgendwie berufen?“, will ich wissen. „Ja, das glaube ich. Aber damit meine ich eine andere Berufung als die Hinführung auf den Priesterberuf. Früher war mit ‚Berufung‘ auch wirklich nur gemeint, dass jemand Pfarrer wird. Da gab es nichts anderes. Dass jeder Mensch im Leben eine Aufgabe hat, diesen Gedanken gibt es noch gar nicht so lange.“
Jetzt bin ich neugierig geworden. „Und was ist deine Berufung?“, frage ich nach. „Ich sehe es als meine Berufung, dass ich Menschen über Bilder an ihre eigene Kraft heranführe. Also über innere Bilder, über äußere Bilder und auch über Fotografie. Das ist der rote Faden, den ich gefunden habe.“ Bilder also. […]
„Wann bist du denn zum ersten Mal bewusst Bildern begegnet und hast gemerkt, dass sie für dich eine Bedeutung haben?“, hake ich nach. Georg lächelt. „Gute Frage“, meint er, lehnt sich zurück und reibt sich mit der Hand über den Nacken. „Bewusst haben Bilder für mich eine Bedeutung bekommen, als ich damals aufgehört habe, bei der Kirche zu arbeiten. Ich habe eine Fortbildung gemacht, bei der es um die eigene Berufung ging. „Da habe ich auch eine Idee bekommen, was ich als meine Berufung sehe. Das hat sich in allen Lebensbereichen dann wiedergefunden: Ich möchte Menschen zu ihrem ‚Eigenen‘ hinführen.
Als ich schließlich begonnen habe, Fotografie auch in Kursen anzubieten, ging das immer mehr in die Richtung Meditative Fotografie. Das bedeutet, dass ich nicht einfach drauflos fotografiere, sondern dass ich ‚meine Bilder’ finde, dass ich offen dafür bin, was und wem ich begegnen möchte. Dann entstehen Bilder, die Kraft vermitteln.“
Auch ich mache natürlich Fotos. Daran muss ich jetzt denken: Ich knipse. Immer dann, wenn mir etwas gefällt, öffne ich die Kamera meines Handys und drücke auf den Auslöser. Ich will den Moment einfach festhalten. Manchmal auch nicht einfach, sondern mehrfach. Dabei habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht, ob diese Bilder mir später mehr sagen als das, was auf den Aufnahmen auf den ersten Blick zu erkennen ist.
Das bringt mich ins Grübeln. „Kann man so etwas lehren? Bilder zu machen, die Kraft vermitteln?“, frage ich nach. „Ja, ich glaube schon. Ich habe schon viele Kurse zum Thema Meditative Fotografie angeboten. Die Rückmeldungen waren meist, dass bei den Leuten während des Kurses viel passiert ist. Sie sagen: ‚Ich fotografiere jetzt viel bewusster. Ich habe Bilder, die mir etwas sagen.‘“
Quelle: Petra Bartoli y Eckert (2022): Zum Glück zu Fuß – Begegnungen auf der Suche nach dem guten Leben. Carl Ueberreuter Verlag ISBN: 9783800077885
An dieser Stelle im Interview habe ich mich mit Georg sehr verbunden gefühlt. Mein neues Buch „Gefühl und Verstand – Naturfotografie“ geht in diese Richtung auch wenn ich den Begriff „meditativ“ nicht verwende.
Was Georg Schraml am Ende dazu sagt, ob er ein zufriedenes Leben führt, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Stattdessen möchte ich euch das neue Buch von Petra mit 15 ganz unterschiedlichen Menschen und Interviews wärmstens empfehlen. Vielleicht findest du dich an der einen oder anderen Stelle wieder, wirst bestärkt auf den richtigen Weg zu sein.
Ich denke, Zufriedenheit und ein gutes Leben zu führen, ist nichts, was man mal eben so mit einem Fingerschnipps herbeizaubern kann. Das Höhen und Tiefen zum Leben dazugehören und ein „gutes Leben“ auch von äußeren, nicht beeinflussbaren Umständen abhängt.
Eine Antwort, ob ich ein gutes Leben führe, muss ich dir heute schuldig bleiben. Denn die Frage ist, wenn man Äußerlichkeiten und tagesaktuelle Geschehnisse beiseiteschiebt, nicht so einfach zu beantworten. Auch ich bin nach wie vor eine Suchende.
Georg Schraml www.meditative-fotografie.de Instagram www.instagram.com/gschraml
Petra Bartoli y Eckert www.petra-bartoli.de Instagram www.instagram.com/petra.bartoli
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Gerd und Christine Spranger
Vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag. Wir alle wünschen uns doch ein gutes Leben und sollten es auch unseren nächsten gönnen. Ein gutes Leben bedeutet für uns, ein selbst bestimmtes, freies und erfülltes Leben zu führen. Das umsetzen zu können setzt voraus, sich selbst gut kennengelernt zu haben und zu wissen, was man vom eigenen Leben erwartet.
Wie muss unser Leben aussehen, damit es zu uns passt? Die eigene Lebensgestaltung ist für viele junge und auch noch ältere Menschen eine echte Herausforderung. Für manche so anstrengend, dass sie es vermeiden, sich Gedanken darüber zu machen.
Und dennoch gibt es doch einige gute Tipps, die jeder für sich mitnehmen kann, wenn er ein gutes Leben führen möchte. Wer sich bewusst ist, dass sein eigenes Denken ausschlaggebend dafür ist, wie er lebt, ist schon ein schönes Stück weiter gekommen. Die eigene Gedankenwelt – wie sie auch immer ist – manifestiert sich in der Lebensrealität.
Wir erleben unser eigenes Leben ganz subjektiv. Unsere Erfahrungswelt ist ausschlaggebend dafür. Wer sich als Opfer sieht, lebt wahrscheinlich wie eines.
Was ist die Quelle für viele Probleme im Leben? Unserer Erfahrung nach ein mangelndes Selbstwertgefühl und uns behindernde, einschränkende Glaubenssätze, die jeder von uns verinnerlicht seit seiner Kindheit. Wer denkt, Arbeit bedeutet immer Stress, kann wenig Spaß dabei entdecken, etwas zu schaffen. Wer denkt, das Leben ist zu hart, wird ebenfalls wenig Leichtigkeit in seinem Dasein finden.
Ein gutes Leben können wir führen, wenn wir uns trauen, auf unsere innere Stimme zu hören und ihr folgen. Denn dann folgen wir unserer eigenen Bestimmung. Diese zu entdecken bringt in die eigene Mitte und lässt das Leben sich sinnvoll anfühlen. Und das ist es, was sich jeder wünscht: Ein sinnvolles, erfülltes Leben zu führen.