• Home
  • Gefühl & Verstand
  • Japanische Ästhetik
  • Onlinekurse & Workshops
    • Ein Jahr wie Papier
    • Vor Ort im Muldental
  • Shop
  • Blog
  • Virtuelle Assistenz
0

Jana Mänz - Naturfotografie mit Seele

1.Weihnachtstag, Erzgebirge, Fichtelberg, Sachsen, Schnee, Winter

Selbstständig: Mit Herz und Verstand durch Höhen und Tiefen

26. Dezember 2024
7 min Lesezeit

Über mein LinkedIn-Netzwerk bin ich auf die WebParade „Ich bin solo-selbstständig! aufmerksam geworden. Mit großem Interesse habe ich die Beiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gelesen. Doch was ich dabei empfunden habe, war alles andere als inspirierend. Statt eines ehrlichen Blicks auf die Realität strotzen viele Texte vor Erfolgsgeschichten und Tipps, die wie Floskeln wirken – nichtssagend, glatt, ohne Substanz.

Ich frage mich, wo die Ehrlichkeit geblieben ist. Wo sind die Geschichten, die auch von den dunklen Tagen erzählen, von den Zweifeln, vom Scheitern? Ich vermisse die Wärme, die Verletzlichkeit, das Herzblut. Stattdessen scheint in vielen Beiträgen ein neoliberaler Grundgedanke mitzuschwingen: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Diese Haltung stimmt mich traurig. Denn sie lässt keinen Raum für die Realität, die oft viel komplexer ist.

Ich weiß, wie es ist, durch schwierige Zeiten zu gehen. Ich komme aus einer Familie, in der fast alle selbstständig waren – im Handwerk, im Dienstleistungsbereich. Und ich habe früh gelernt, dass Selbstständigkeit nicht nur Freiheit bedeutet, sondern auch Unsicherheit, Risiko und bisweilen sogar Existenzangst bis hin zur bitteren Insolvenz, in der man mehr verliert als nur ein Unternehmen.

Als Künstlerin habe ich noch einmal ganz eigene Herausforderungen. Kunst wird oft als „Nice-to-have“ wahrgenommen, als etwas, auf das man leicht verzichten kann, wenn die wirtschaftlichen Zeiten schwierig werden. Und genau das spüren derzeit viele Künstlerinnen und Künstler: Inflation, steigende Lebenshaltungskosten – das macht es schwer, mit dem, was wir lieben, über die Runden zu kommen.

Die Kunstgeschichte ist voll von Beispielen von Künstlern, die zu Lebzeiten kaum Anerkennung fanden und später als Genies gefeiert wurden. Man denke nur an Caspar David Friedrich, dessen Werke zu Lebzeiten oft abgelehnt wurden. Viele seiner Bilder, die heute Millionen von Euro erzielen, wurden von seinen Zeitgenossen nicht verstanden oder schlicht übersehen. Friedrichs Visionen, die den romantischen Blick auf die Natur und das Göttliche in einer sich rasant verändernden Welt widerspiegeln, waren seiner Zeit weit voraus. Statt des Beifalls seiner Zeitgenossen litt er unter der Ablehnung seiner Werke (Warum Goethe Friedrich ablehnte) und starb verarmt und unbeachtet. Heute jedoch gehören seine Bilder zu den teuersten und bedeutendsten des 19. Jahrhunderts. Das zeigt, wie wenig vorhersehbar der Wert von Kunst in ihrer Zeit ist – und wie schwer es Künstler oft haben, zu Lebzeiten Anerkennung zu finden.

Nicht, dass ich mich mit Caspar David Friedrich vergleichen möchte, aber ich fühle mit den schwierigen Lebenswegen und den äußeren Umständen, die wir oft nicht beeinflussen können. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen kann ich mich sehr gut in andere Künstler hineinversetzen.

Es gibt Tage, Wochen, in denen ich mit kreativen Blockaden kämpfe und gleichzeitig darüber nachdenke, wie ich mich weiterentwickeln kann. Ein Widerspruch in sich. Ich versuche gleichzeitig zu verstehen, was Menschen brauchen, womit ich ihnen helfen kann. Das ist gar nicht so einfach in einer Welt, die scheinbar voll von Überfluss ist. Aber ist sie das wirklich? Denn neben dem materiellen Überfluss nehme ich vor allem einen Mangel an Herzenswärme, Empathie, Hilfsbereitschaft und Verständnis wahr.

Die Wahrheit liegt im Dazwischen

Selbstständig zu sein, ist mehr als Umsatzsteigerungen oder der perfekte Marketingplan. Es bedeutet, dass man alles gibt, was man hat – Zeit, Energie, manchmal auch Tränen. Es bedeutet, mitten in der Nacht wachzuliegen und zu überlegen, wie man die nächsten Monate übersteht. Und es bedeutet, auch in den schwierigen Momenten nicht aufzugeben, weil da diese Flamme ist: Die Liebe zu dem, was man tut. Das kostet unglaublich viel Kraft!

Was mich traurig macht, ist, dass viele Beiträge nicht den Mut haben, diese andere Seite zu zeigen. Die Seite, die Zweifel hat, die scheitert und wieder aufsteht. Die, die ehrlich sagt: „Heute war ein schlechter Tag.“ Stattdessen wirken viele Texte wie ein ideologisches Manifest: „Du bist selbst verantwortlich dafür, dein Schicksal in die Hand zu nehmen.“ Aber das Leben ist nicht so einfach. Es gibt äußere Umstände, wirtschaftliche Krisen, persönliche Herausforderungen – Dinge, die wir nicht kontrollieren können, egal wie sehr wir uns anstrengen.

Gleichzeitig bin nicht der Typ, der sich jeden Morgen vor den Spiegel stellt und sich durch Affirmationen Mut zuspricht. Ich bin keine, die sich in eine Zen-Blase zurückzieht und die Augen vor der Realität verschließt, um die innere Blüte zu finden. Selbständigkeit bedeutet für mich, sich den Herausforderungen zu stellen – ehrlich und pragmatisch. Das sind schwierige Momente. Und ja, sie schmerzen.

Was mir besonders wichtig ist: Es gibt Zeiten, in denen es sinnvoll ist, sich Unterstützung zu holen – sei es durch einen Nebenjob, durch Weiterbildung oder durch den Austausch mit anderen. Ich kenne befreundete Künstlerinnen und Künstler, die sich in den letzten Monaten bewusst neue Einkommensquellen erschlossen haben, um ihre Kunst weiter betreiben zu können. Aber bei aller Unterstützung sollte man sich auch bewusst machen, dass man in den wirklich wichtigen Momenten alleine ist und selbst entscheiden muss. Dazu braucht es Mut, und man darf sich nicht vor einer Entscheidung drücken, auch wenn sie sich am Ende als Fehler erwiesen hat und man statt auf seinen Verstand lieber auf sein Bauchgefühl gehört hätte.

„Selbstständigkeit ist ein Weg, der uns wachsen lässt, wenn wir ihn mit Liebe und Ehrlichkeit gehen. Nicht die äußeren Erfolge zählen, sondern die Momente, in denen wir spüren, dass wir mit unserer Arbeit etwas bewegen – in der Welt und in uns selbst.“

Für mich geht es in erster Linie darum, authentisch zu bleiben, mit Herz und Verstand zu arbeiten. Darum, sich selbst treu zu bleiben – auch wenn das manchmal bedeutet, neue Wege zu gehen, sich auszuprobieren, auch auf die Gefahr hin, dass es den bestehenden Kunden nicht gefällt.

Es ist die Freude, wenn ich spüre, dass meine Arbeit jemandem wirklich etwas bedeutet. Wenn ein Foto das ich gemacht habe oder ein Buch das ich geschrieben habe, einen Menschen berührt. Wenn ein Projekt, an dem ich monatelang gearbeitet habe, einen kleinen Unterschied macht.

Aber diese Momente kommen nicht von selbst. Sie entstehen aus harter Arbeit, aus Verzweiflung, aus inneren Kämpfen und Widerständen, aber auch aus Authentizität. Aus dem Mut, man selbst zu sein und sich nicht ständig mit anderen zu vergleichen.

Wenn mich heute jemand fragt, wie mein handgemachtes Buch „Gefühl und Verstand“ entstanden ist, dann antworte ich: Mit viel Blut (kaputte Finger beim Buchbinden :-) )Schweiß, Tränen, Ängsten und vielen durchgemachten Nächten, in denen ich gegen innere und äußere Widerstände gekämpft habe. Es ist nicht romantisch, ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen.

Die Selbständigkeit ist kein leichter Weg, der leichter wird, wenn man spirituellen Bypass** betreibt oder auf Netzwerkveranstaltungen mit Smalltalk Visitenkarten verteilt. Selbstständigkeit ist ein Weg, der uns wachsen lässt, wenn wir ihn mit Liebe und Ehrlichkeit gehen. Und vielleicht ist das die wichtigste Lektion: Nicht die äußeren Erfolge zählen, sondern die Momente, in denen wir spüren, dass wir mit unserer Arbeit etwas bewegen – in der Welt und in uns selbst. Das ist unbezahlbar!

** Der spirituelle Bypass beschreibt die Tendenz, persönliche oder emotionale Probleme zu vermeiden, indem man sich auf spirituelle Konzepte oder Praktiken zurückzieht. Anstatt sich mit schwierigen Gefühlen, Konflikten oder Herausforderungen auseinanderzusetzen, werden diese durch positive Affirmationen, Meditation oder spirituelle Erklärungen übergangen. Das kann kurzfristig beruhigend wirken, verhindert jedoch oft eine tiefere, ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Realität.

Eine Einladung zur Ehrlichkeit

Wenn ich an Selbständigkeit denke, dann geht es in schwierigen Momenten nicht um Floskeln oder Affirmationen, sondern darum, sich ehrlich die Frage zu stellen: „Was brauche ich jetzt, um weitermachen zu können?“

Manchmal liegt die Antwort darin, neue Wege zu gehen. Manchmal ist es auch einfach, sich zu erlauben, müde zu sein, zu zweifeln, eine Pause zu machen. Das ist keine Schwäche, das ist Menschlichkeit.

Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit in solchen Beiträgen. Mehr Herz. Weniger Hochglanz. Denn was uns wirklich verbindet, sind nicht die Erfolge, sondern die Geschichten von Höhen und Tiefen – die Geschichten, in denen wir unser Herz sprechen lassen.

Der Artikel ist erschienen für die WebParade: Ich bin solo-selbständig! #WirSindSolo

TAGS:AuthentizitätBlogparadeCaspar David FriedrichInflation und Kunstkreative BlockadenKünstlerlebenMangel an EmpathieSelbstreflexionSelbstständigkeitWirSindSoloZweifel
2 Kommentare
Jana Mänz

– geboren 1976 in Halberstadt. In ihrer künstlerischen Arbeit verbindet sie die Liebe zur Natur mit einer tiefen Auseinandersetzung mit japanischer Ästhetik und ostasiatischer Kunst. Statt die Welt abzubilden, sucht sie nach den stillen Momenten dazwischen – nach Licht, Vergänglichkeit und innerer Resonanz. Ihre Bilder entstehen nicht aus dem Wunsch nach Perfektion, sondern aus dem Bedürfnis, dem Wesen der Dinge näherzukommen. In ihren Workshops geht es nicht um Technik, sondern darum, wie sich Sehen, Empfinden und Natur auf neue Weise verbinden lassen.

Schreibe einen Kommentar Kommentar löschen

Zuletzt kommentiert

  • Susanne
    29. Dezember 2024

    Liebe Jana,
    für Deine Achtsamkeit, das wahr zu nehmen und Deinen Mut, das hier niederzuschreiben danke ich Dir herzlich. Denn ich finde es auch wichtig, beide Seiten der Medaille zu sehen. Das Licht kann nicht ohne den Schatten.
    Und wenn ich den Schatten akzeptiere, kann ich auch wieder das Licht genießen.
    Die Herausforderungen als Selbstständige und KünstlerIn kann ich als angestellter Sicherheitsmensch nur erahnen.
    Und ich finde es wichtig, dass auch die ganzen Wagnisse und Unsicherheiten angesprochen werden. Ohne Fehler und Schwierigkeiten gibt es ja (leider) nur begrenzt eine Weiterentwicklung. Wir sollten vielmehr stolz darauf sein, dass wir die Herausforderungen immer wieder neu annehmen und bewältigen.
    Und ich bin mir sicher, öffnet sich eine Person, dann folgen bestimmt weitere.
    Zumindest wünsche ich mir das.
    Liebe Grüße
    Susanne

    Antworten
    • Jana Mänz
      Susanne
      29. Dezember 2024

      Liebe Susanne,

      vielen Dank für deinen Kommentar und deinen wertschätzenden Blick auf das Thema. Es ist vollkommen richtig, dass die Perspektive einer Angestellten natürlich eine andere ist als die einer Selbstständigen oder Künstlerin – und ich finde es umso beeindruckender, dass du mit so viel Empathie die Herausforderungen erkennst, die damit verbunden sind.

      Ja, es ist oft ein Balanceakt zwischen Licht und Schatten, zwischen dem Wunsch, etwas zu erschaffen, und der Realität, die manchmal Unsicherheiten und Risiken bereithält. Es stimmt, ohne Fehler und Schwierigkeiten gibt es kaum Entwicklung – auch wenn dieser Weg nicht immer leicht ist.

      Dein Gedanke, dass Offenheit andere ermutigen kann, ist etwas, was ich sehr schätze. Vielleicht ist es genau das, was wir brauchen: den Mut, ehrlicher über die weniger sichtbaren Seiten zu sprechen, um eine tiefere Verbindung zu schaffen – unabhängig davon, ob wir selbstständig oder angestellt sind.

      Herzliche Grüße
      Jana

      Antworten

Ebenso interessant...

24. August 2016

Junge Unternehmerinnen im Portrait

28. April 2025

Zwischen den Bildern – Über das Unbehagen, sich Künstlerin zu nennen

17. Dezember 2022

Große Marken nutzen meine Bilder

31. Januar 2022

2022: Ist Bloggen überhaupt noch modern?

Jana Mänz - Kunst mit Gefühl und Verstand

Du möchtest persönliche Post von mir bekommen?

Erhalte meine neuesten Infos & Blogbeiträge direkt per E-Mail – über Naturfotografie, japanische Ästhetik und die faszinierende Kultur Südostasiens. Für alle, die Schönheit in den kleinen Dingen entdecken und neue Perspektiven lieben.

Bitte bestätige deine E-Mail. Schau vll. im Spam nach.
Upps. Hier scheint etwas falsch zu sein.

Wie möchtest du angeredet werden?

  • Kontakt
  • AGB
  • Impressum & Datenschutz
  • Widerruf
  • Archiv
  • Workshops
  • Fotoshootings
  • Testimonial
  • Buchrezensionen
  • Über mich
  • Cookie-Richtlinie (EU)

© 2011 - 2025 Alle Rechte vorbehalten. | Naturfotografie mit Seele Jana Mänz janamaenz.photography.

  • Kaffeekasse
Magst du Kekse?
Die gesetzliche Cookie Banner-Pflicht ist in der EU in der DSGVO seit 2018 eine geltende Verordnung. Seit 2021 gibt es die Banner Pflicht in Dtl. Du kannst selbst entscheiden, ob du deine Einwilligung gibst oder nicht. Es ist völlig in Ordnung zu sagen: "Ich mag keine Kekse", dann kannst du trotzdem alle meine Inhalte lesen.
Funktional Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt. Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.
Optionen verwalten Dienste verwalten Verwalten von {vendor_count}-Lieferanten Lese mehr über diese Zwecke
Kekse ansehen
{title} {title} {title}

Abonniere meinen Newsletter

und erhalte meine 7-tägige E-Mail-Reihe: Weg der Wahrnehmung. Ein kleines Geschenk für deinen Blick. Ein Einstieg in ein anderes Sehen.

Bitte bestätige deine E-Mail. Schau vll. im Spam nach.
Upps. Hier scheint irgendwas zu fehlen!
Wie möchtest du angeredet werden?