Da stehe ich auf dem Acker bei Minus 3 Grad und will Bulb machen…
und nichts geht !
Seit längerem beschäftige ich mich mit Langzeitbelichtungen. Und heute sollte es etwas besonderes werden: Star Trails. Doch daraus ist nichts geworden. Dabei waren die Bedingungen mehr als perfekt: das Kind in der Fremdübernachtung, eine wundervolle, sternenklare Neumondnacht und viel Zeit. Und da stehe ich auf dem Acker, dick eingemummelt wie im tiefsten Winter (ok, -3° C sind für mich tiefster Winter, auch wenn wir erst Anfang Oktober haben, doch letztes Jahr um diese Zeit gab es auch schon den ersten Schnee), baue in stockdunkler Nacht Stativ und Kamera auf, stelle „Bulb“ ein. Aber nichts geht. Er macht kein Bulb sondern nur „Blub“, sprich er belichtet nicht länger sondern schließt gleich wieder die Pforten, sodass das Ergebnis auch nur nach Spinat aussieht.
Da ich mitten auf dem nächtlichen Acker auch keine Bedienungsanleitung dabei habe, probiere ich mit nicht fühlbaren Fingern an der Kamera herum. Doch es funktioniert weiter nicht. Das einzige was geht, ist die manuelle Belichtung von maximal 30 Sekunden, doch dann ist Schluss. Aber Frau weiß sich zu behelfen und surft nächtlich auf dem Acker mit ihrem Smartphone durch die Foren (endlich hat das Ding mal eine nützliche Funktion, denn wir beide stehen auf Kriegsfuß miteinander und mögen uns nur, wenn der Routenplaner ausnahmsweise mal die richtige Adresse anzeigt, aber das ist ein anderes Kapitel) und stelle fest, das sowohl in den deutschen als auch in den englischen Foren ein ähnliches Problem diskutiert wird: Der Bulb geht nicht, will nicht, kann nicht und hat andere Macken. Aber keine Lösung, stattdessen nur sinnlos Antworten (ich finde, den Antwortschreibern sollte die Lizenz zum sinnlos antworten entzogen werden).
Ich suche also weiter und finde irgendwann ein Video zum Thema Bulb-Modus und dort wird endlich die Lösung meines Problems erklärt. Doch statt glücklich darüber zu sein, schimpfe ich wütend vor mich hin. Wie kann eine 2.700 Eur teure Kamera so eine dämliche Lösung anbieten? Ich wollte es nicht glauben, doch der Blick ins Handbuch bestätigte die Unglaublichkeit. Auch jetzt noch, indem ich darüber schreibe, werde ich darüber nicht fertig: Da muss Fotografin oder Fotograf den Auslöseknopf gedrückt halten. Natürlich verwackelt man dabei und nicht nur das, die eine Hand friert ab und die andere Hand bekommt vom Stoppuhrhalten einen Krampf. Aus gefühlten zwei Minuten Belichtungszeit werden so zwei Jahre.
Dabei war ich letztens schon so aufgebracht über den Kamera Hersteller Nikon, nachdem ich feststellen musste, das mein geliebter Funkauslöser, der an der D90 tadelos funktionierte, an der D700 nicht mehr zu gebrauchen ist. Aber keine Sorge, natürlich weiß Nikon, wie man den klugen Fotografen dazu bringt, sich doch noch Geld aus der Tasche ziehen zu lassen, indem man sich für den Funkauslöser einen zusätzlichen Empfänger für ein paar Hunderter zulegen kann.
Und nun heute die nächste Frechheit: Natürlich kann ich das minutenlange Verwackeln vermeiden, indem ich mir einen ca. 150 Eur teuren Fernauslöser (MC-36) zulege. Und natürlich geht ein preiswerter nicht, weil ich dann nicht die Belichtungszeit einstellen kann. Aber auch der MC-36 ist nicht perfekt, denn das Kabel ist mit 85cm zu kurz und sollte eigentlich nicht Fernauslöser sondern Kurzauslöser heißen.
Was tun nun? Auf Bulb und wunderschöne Star Trails verzichten (teilweise muss man hier bis 20 Minuten und länger belichten – da würde mir an der jetzigen Lösung wahrscheinlich die Hand abfaulen) oder in den sauren Apfel beißen? Ich bin hin und her gerissen und stinksauer auf meinen sonst so geliebten Kamerahersteller.
Oder doch das nächste Mal 20-50 Aufnahmen a 30 Sek. mit der D700 integrierten Timerfunktion machen und dann die Bilder in Photoshop zusammenfügen? Hmm, das scheint die einzige Alternative zu sein. Ich werde berichten. Bis dahin hoffe ich, das es in diesem Herbst ein bisschen wärmer wird.
Zuletzt kommentiert
Uwe
Hallo,
diese Erfahrung habe ich leider auch schon macht. Die Kamerahersteller scheinen echt darauf zu setzen dass man nach der Anschaffung einer teuren Kamera noch sehr viel Geld in entsprechende Zubehörteile vom Originalhersteller investiert.
Im Amateur Umfeld habe ich daher die Erfahrung gemacht das es Sinn macht zu prüfen ob Zubehörteile von einem Dritthersteller genauso geeignet sind oder eventuell sogar besser sind.
der billige Kabelauslöser für neun Euro besteht bei Amazon macht seinen Dienst genauso gut wieder Tore von Nikon wozu also die Nikon kaufen?
Natürlich lässt sich diese Aussage nicht auf alle Zubehörteile der Fotografie übertragen sollte man noch genau nachschauen was Sinn macht und seine Anforderungen und auch zukünftige in etwa kennen um nicht Unsummen an Zubehörteilen die man eventuell später ein oder zweimal im Jahr benutzt zu investieren.
MfG,
Uwe
Jana
UweDa hast du recht. Mittlerweile habe ich von einem begeisterten Nachtfotografen einen Link zu einem sehr preiswerten Timer bekommen, den er schon seit Jahren benutzt. Der persönliche Austausch ist immer noch Gold wert, während die Forenbeiträge zu den verschiedensten Zubehörteilen eher verunsichern, weil jeder was anderes sagt….
Andreas
Liebe Jana,
ich kenne dieses Gefühl gut. Man will es nicht wahrhaben…weil man irgendwie irgendwo *romantisch* denkt. Weil man deshalb nicht glaubt, dass am Ende eben doch nur König Mammon regiert…meistens jedenfalls. Dein Erlebnis da, mit schweineteurer Kamera nebst unglaublicher Nichtfunktion der einfachsten Sorte, ist kein Zufall. Es ist Methode. Deine Augen hat es geöffnet und das tat weh – so entnehme ich das deiner kräftigen Verärgerung. Die Hersteller wollen Geld verdienen, das ist normal. Aber allen ist die Vision abhanden gekommen, warum sie das herstellen was sie herstellen. Selbst die eigenen Fotowettbewerbe sind nur noch Werbeveranstaltungen um noch mehr zu verkaufen. Ich weiß nicht ob man es denen übelnehmen kann…wahrscheinlich ist es einfach die tiefe Enttäuschung, dass außer Geld kaum noch was zählt und das hinter den schönen Scheinfassaden eben nichts ist (jedenfalls nichts von Belang). Wäre ich an deiner Stelle…ich würde denen den Mittelfinger zeigen und auf diesen neuen Kaufkram verzichten. Du machst diese Art Foto vielleicht 1,2 oder sogar 3 mal. Hast vielleicht auch ein gutes Ergebnis, *kannst es also auch*. Danach wird es rumliegen. Ich habe bei euch einige Fotobücher gekauft…Wabi-Sabi…Rügen…Schwarzweiß. Wunderbare Fotos. Ich glaube das ist dein / euer Ding, diese innere Einstellung…das Ganze was man eben nicht so ganz genau benennen kann. Tritt dem Sternen-Strich-Bulb in den Hintern, vor allem wenn er dich nachts auf eiskalte Felder lockt :-) . Bist du eben nicht die Heldin der Nacht – was solls.
PS: Kennst du zufällig die Bilder / Bücher von Volkmar Herre? Seine Bilder mit der camera obscura – das könnte dir gefallen. Ein Kasten mit einem Loch und dann solche Fotos (http://www.edition-herre.de/photographie.php5). Alle Technikgedanken und alle ach so tollen Innovationen werden da plötzlich so klein…
Jana
AndreasHallo Andreas, vielen lieben Dank für deine herzlichen Kommenatr. Über die „Heldin der Nacht“ (ich denke ja eher an die Königin der Nacht) habe ich sehr gelacht. Aber es macht mir nichts aus, nachts auf dem Ackerz u stehen, das habe ich schon oft gemacht. Ärgerlich ist nur, das ich jetzt bei einem Fotofreund mitbekommen habe, das seine *billige* 800,- Eur Nikon-Kamera eine anständige Bulb-Funktion besitzt und er mir das nicht glauben wollte, dass das an meiner nicht geht. Aber was solls. Ich denke du hast recht, die Anschaffung lohnt sich nur, wenn man das öfter macht bzw. auch für andere Anwendungen benötigt und meistens ist das nicht der Fall. Die Startrails wollte ich im Übrigen für mein neues Buchprojekt ausprobieren, aber das Kapitel wird wohl gestrichen.
Viele Grüße, Jana