Görliwood – unterwegs in der Film- und Fotografiestadt Sachsens
Görlitz, wo liegt das? Selbst für mich, die ich in der DDR aufgewachsen bin, war Görlitz eine völlig unbekannte Stadt. Dresden war für mich immer sehr weit weg, aber von Dresden fährt man noch einmal hundert Kilometer weiter nach Osten, bis an die polnische Grenze. Görlitz liegt direkt am Grenzfluss Neiße und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei Städte geteilt: Görlitz und Zgorzelec.
Wenn man durch Görlitz und Zgorzelec läuft, hat man ein seltsames Gefühl. Ich erkläre es gerne so, als wenn man in Grimma über die Hängebrücke geht und der Stadtwald gegenüber ist schon Polen. So ist das in Görlitz. Da gibt es eine schöne Fußgängerbrücke und eine Autobrücke über die Neiße. Man überquert sie und schon ist man in einem anderen Land, in dem auch – was ich am Anfang komisch fand – niemand mehr Deutsch spricht. Nicht einmal in dem Hotel, in dem ich direkt am Ufer der Neiße auf polnischer Seite übernachtet habe. Während auf deutscher Seite in den Geschäften und in der Gastronomie überwiegend Polen arbeiten.
Besonders übernachten
Während meiner letzten Reise habe ich im Hotel Italia auf der deutschen Seite übernachtet. Ein bemerkenswertes Hotel, denn die Zimmer sind alle mit historischen Deckengemälden ausgestattet. Man spürt und atmet die Geschichte des Hauses. Dass es heute Hotel Italia heißt, ist komisch, denn eigentlich versprüht es wenig italienisches Flair. Die Zimmer sind zwar nach italienischen Städtenamen benannt, aber das Frühstücksbuffet im Kreuzgewölbe ist eindeutig von der polnischen Küche beeinflusst und das Hotelpersonal sind polnische Landsleute. Ich habe mich in dem 4-Sterne-Hotel sehr wohl gefühlt, vielleicht weil die Mischung aus deutscher Renaissance, italienischen Namen und polnischer Küche so besonders ist. Hunde sind übrigens willkommen.
Auf der Webseite des Hotels steht geschrieben: „In vielen Zimmern befinden sich außergewöhnliche Deckenmalerei aus dem 16. Jahrhundert und an einer Wand im Treppenhaus Originaltexte in Latein von ca. 1480. Diese Zeitzeugnisse wurden in Zusammenarbeit mit erfahrenen Restauratoren und unter Beobachtung des Amtes für Kultur und Denkmalschutz in Dresden professionell restauriert. Im gemütlichen vorderen Frühstücksraum sitzen Sie unter einem sehr gut erhaltenen Kreuzgewölbe. Eine weitere Besonderheit des Renaissance-Gebäudes ist das acqua manila von 1516. Eine originalgetreue Nachbildung finden Sie heute in einem Doppelzimmer im 1. Obergeschoss. Im Treppenhaus zur 1. Etage ist auch eine lateinische Innenschrift erhalten geblieben. Übrigens: In einem Zimmer im 1. Obergeschoss wurden Szenen für die Görlitzer Krimiserie „Wolfsland“ mit Yvonne Catterfeld und Götz Schubert gedreht.“ Quelle: https://www.hotelitalia-goerlitz.de
Von Drehort zu Drehort
Wenn man ausgeschlafen und gut gefrühstückt hat, steht einer Stadtbesichtigung nichts mehr im Wege. Görlitz hat mich mit seiner Stadtarchitektur unglaublich beeindruckt. Man merkt, dass die Innenstadt glücklicherweise vom 2. Weltkrieg verschont geblieben ist und auch die DDR-Stadtarchitektur nur wenig Einfluss hatte. Heute ist Görlitz als Filmstadt international bekannt. Viele deutsche und Hollywood-Filme wurden hier gedreht.
Als ich das erste Mal in Görlitz war, musste ich unbedingt den Drehort von „Grand Budapest Hotel“ mit Ralph Fiennes in der Hauptrolle sehen. Viele Szenen des Films wurden im Görlitzer Kaufhaus gedreht. Leider konnte ich es nur von außen besichtigen.
In der Innenstadt selbst sind die Drehorte überall ausgeschildert. Man kann auch eine Stadtführung zu den Drehorten buchen. Über 120 Filme wurden bisher in Görlitz gedreht. Eine Übersicht gibt es hier:https://www.goerlitz.de/uploads/01-Tourismus-Content/Goerliwood/Filmografie.pdf
Lecker essen gehen
Ich fand es spannend, abends im Dunkeln durch die historische Altstadt zu gehen. Rund um den Görlitzer Dom fühlt man sich in verschiedene Epochen der Stadt versetzt. Manches sieht aus wie im Mittelalter, anderes wie im Barock oder in der Renaissance.
Wer zum ersten Mal in der Stadt ist, wundert sich vielleicht, warum überall Herrnhuter Sterne hängen. Sie werden ganz in der Nähe von Görlitz hergestellt. In Görlitz selbst gibt es ein riesiges Görlitzer Weihnachtswunderland. Ich habe es besucht. Dort werden nur original sächsische Weihnachtsartikel verkauft. Unglaublich! Oder wie würde der Koreaner rufen:
Daebak 대박 :-)
Viele der alten Häuser beherbergen Restaurants. Überall in der Stadt kann man unglaublich gut essen. Ob auf der deutschen oder der polnischen Seite. Für jeden Geschmack ist etwas dabei: ob japanische, schlesische, polnische, griechische oder italienische Küche.
Wer es ganz einfach und authentisch mag, für den habe ich eine Empfehlung. Das „Salumeria Casa Italiana“ in Görlitz. Antonio aus Neapel ist ein unglaublich herzlicher Wirt mit einer super leckeren authentischen neapolitanischen Küche. Sein Restaurant ist sehr klein, man sollte vielleicht vorher reservieren.
Naturfotografie natürlich anders
Umfang: 240 Seiten
ISBN: 978-3-00-075782-2
Preis: 39,90 € inkl. 7% Mwst
Erhältlich als
E-Book, Softcover und Sonderedition
Besonderer Fotografie Tipp
Wusstest du, dass es in Görlitz ein ganz besonderes Fotomuseum gibt? Kein Wunder, denn im letzten Jahrhundert gab es in Görlitz ca. 60 Werke, die Objektive und Kameras herstellten. Die letzte schloss 1991 ihre Pforten. Die bekannteste Firma war wohl Meyer Optik Görlitz. Über das Modell Trioplan100 habe ich schon viel in meinem Blog und in Büchern geschrieben.
Görlitz galt vor 100 Jahren eine der bedeutendsten Standorte der sich entwickelnden Fotoindustrie. Es waren vielfach Pioniere der Optischen Industrie Paul Dittrich & Co. | Koppe & Moh | Max Hecht | Curt Bentzin | Ernst Herbst & Firl | Oscar Simon | Mlitz & Kügler | Gaertig & Thiemann | Gebr. Herbst | Kügler & Co. | Optisch-Mechanische-Industrie-Anstalt Hugo Meyer & Co. | Kamera-Werke Plamos Aktiengesellschaft | Krecker & Ehrentraut | Heinrich Eberlein | Alfred Lange | Paul Strobach | Secco-Film-Gesellschaft Dr.Adolf Hesekiel, Moh & Co. | Theodor Soennecken & JohannRiedl | Schulze & Billerbeck | Görlitzer Camera-Industrie Gustav Kügler & Co. | Görlitzer Camera-Werke Paul Quill | Richard Thiel | Robert Reinsch – Neue Görlitzer Camera-Werke die den Ausgangspunkt gaben für die Industrieproduktion nach dem Krieg. Die VEB Neue Görlitzer Kamerawerke und VEB Feinoptisches Werk Görlitz waren die letzten Zeugen der einst grossen Fotoindustrie in Görlitz. Quelle: https://www.goerlitzportrait.de/goerlitz-industriekultur-a-z/
So bin ich auch auf das Museum gestoßen. Ursprünglich wollte ich herausfinden, ob man in Görlitz noch das alte Gebäude von Meyer Optik sehen kann. Dass sich heute sogar in dem Gebäude, in dem früher die Objektive hergestellt wurden, das Museum und Ausstellungsräume befinden, war für mich eine schöne Überraschung. Das Museum ist vor allem am Wochenende, aber auch auf Anfrage geöffnet. So hatte ich die Gelegenheit zu einer privaten Führung und interessanten Gesprächen. Zufällig kamen wir auch auf Nikon zu sprechen, denn ich erzählte, dass ich den Nachbau des Trioplan von 2018 mit meiner Nikon benutze. In diesem Zusammenhang wurde ich scherzhaft gefragt, woher denn der Name Nikon komme.
Museum der Fotografie Görlitz e.V.
Löbauer Straße 7 – 02826 Görlitz
Tel. +49 (0) 3581 / 87 87 61
info@fotomuseum‐goerlitz.de
Öffnungszeiten:
Samstag und Sonntag
12:00 bis 16:00 Uhr
oder nach Vereinbarung
Eintrittspreise:
Technische Ausstellung und Fotogalerie :
Erwachsene: 5,00 €
Woher kommt der Name Nikon?
Die Frage konnte ich natürlich nicht beantworten. Doch dazu gibt es eine schöne Geschichte. Ob sie wahr ist, weiß man nicht, aber warum nicht? Passen könnte es.
Offiziell heißt es, der Name Nikon stamme von Nippon Kōgaku Kōgyō ab. Es gibt aber auch eine andere Geschichte, die besagt, dass Nikon von Zeiss-Ikon inspiriert wurde. 1946 wollte Japans größter Optikhersteller Nippon Kōgaku Kōgyō eine Kleinbildkamera entwickeln. Dazu beauftragte er seinen Ingenieur MASAHIKO FUKETA (1913-2001), der nach Informationen des Görlitzer Museums in den Nachkriegsjahren nach Dresden reiste und Unterlagen von Zeiss-Ikon kaufte. Nach dem Krieg waren die Patente der deutschen Firmen nicht mehr geschützt. Sie konnten daher frei genutzt werden. Die Zeiss-Ikon-Werke in Dresden wurden zu dieser Zeit von den sowjetischen Besatzern demontiert und später in der Sowjetunion als KIEV wieder aufgebaut. Erst 1948 wurde Zeiss-Ikon in Stuttgart ohne eigene Produktionsstätte neu gegründet.
Fuketa entwarf später eine Kamera, die Elemente der deutschen LEICA und CONTAX vereinte: den Schlitzverschluss der LEICA und den Messsucher sowie das Objektivbajonett der CONTAX. Masahiko Fuketa, eine Schlüsselfigur in der Geschichte von Nikon, war als leitender Ingenieur für die Entwicklung der Nikon F verantwortlich. Diese Kamera, Nikons erste erfolgreiche Spiegelreflexkamera, revolutionierte die Fotografie in den späten 1950er Jahren und markierte Nikons Aufstieg von einem renommierten Optikhersteller zu einem weltweit führenden Unternehmen in der Kameratechnologie.
Weitere Infos zur Geschichte Nikons findest du hier:
https://www.digitalkamera.de/Meldung/90_Jahre_Nikon/4325.aspx
https://www.klassik-cameras.de/Nikon_I.html
Ich hoffe, dir hat mein Ausflug nach Görlitz gefallen. Mittlerweile war ich schon viermal in der Stadt und ich denke, ich werde noch öfter hinfahren. Ich mag das Flair der Stadt, die alten Gebäude, die alle sehr aufwendig restauriert wurden. Eine Stadt, die ich so weit im Osten nicht erwartet hätte. Vielleicht buchst du deine nächste Städtereise nach Görlitz?
Zuletzt kommentiert
BluS
Hallo Jana,
ein sehr interessanter Beitrag zu Görlitz, meiner Geburtsstadt, in der ich aber nie lebte. Also, ich muss da wirklich mal hin.
Was mir nicht ganz so gefällt, ist die Farbgebung deiner Fotos. Ich mag nicht so das Knallige, das Rote, das HDR-mässige. Sind das vielleicht Handyfotos?
Liebe Grüsse
Simone
Jana Mänz
BluSDann musst du dir unbedingt mal ein paar Tage Zeit nehmen. Es gibt viel zu sehen.
Ja, dass sind alles Handyfotos….