
Vom Südschwarzwald in den Südharz: über historische Marmorpapiere
Die Schönheit handgefertigter Marmorpapiere
Meine Reise durch die Welt der Buntpapiere geht weiter. 2022 ist ein spannendes Jahr, denn ich habe noch nie soviele Workshops innerhalb eines Jahres besucht. Ich fühle mich wie ein Geselle auf Wanderschaft, der von einem Meister zum nächsten zieht. Auf Walz zu gehen, ist so interessant. Man trifft auf viele unterschiedliche Menschen, die eine Liebe zu einem Handwerk vereint. So unterschiedlich und von jedem lernt man ganz unterschiedliche Dinge. In meinem Fall alles über Buntpapiere.
In meinem letzten Post zum Marmorpapierkurs bei Barbara in Staufen schrieb ich schon, dass das ein Kunsthandwerk ist, welches mit der industriellen Buchproduktion fast in Vergessenheit geraten ist und es nur noch wenige beherrschen. Dazu beigetragen hat sicherlich der Umstand, das der Buntpapiermacher nie ein eigener Ausbildungsberuf war und eher nebenher bei den Buchbindereien mitlief. Das ist schade, denn das Kunsthandwerk ist wie jedes andere auch, sehr vielschichtig. Vor allem gehört viel Wissen und Praxis über Farbe, Papiere und auch Chemie dazu.
Ich habe nie zuvor mit Carrageenmoos (eine Algenart) noch mit Ochsengalle oder Gummi Arabikum gearbeitet. Absolutes Neuland. Noch nie habe ich eine Schlichte, also das angedickte Wasserbad für die Farben angerührt, geschweige denn, dass ich spüre wie sich diese bei unterschiedlichen Außentemperaturen verhalten. Schnell kann sie bei zu hohen oder zu niedrigen Temperaturen nicht mehr richtig funktionieren.
Und noch schlimmer: Wie verhalten sich unterschiedliche Farben wie Acrylfarben, Ölfarben oder Wasserfarben auf der Schlichte. Und innerhalb der Farben spielt es zudem eine Rolle wie schwer ein Pigment ist. je schwerer ein Pigment, umso schneller sinken sie herab und verschmutzen die Schlichte. Meine Wanne sah schon nach wenigen Stunden zum weglaufen aus :-)
Eine Wissenschaft für sich, umso unverständlicher, dass das Kunsthandwerk des Buntpapiermachers mal eben schnell respekt- und ahnungslos als Hobby oder basteln betitelt wird. Wenn du das nächste Mal in einem guten Buch handgemachtes Vorsatzpapier findest, dann fahre ehrfürchtig mit den Fingern darüber. Spüre die Struktur von Papier und Farbe und stell dir vor, wie viele Jahre es braucht, die Herstellung dieser filigranen Kunstwerke zu erlenen.
Einer dieser Künstler ist Dirk Lange aus Thüringen. Ein Meister seines Faches, der sich vor allem auf die Rekonstruktion historischer Marmorpapiere spezialisiert hat. In seinem Buntpapieratelier entstehen in traditioneller Arbeitsweise Marmorpapiere, wie sie vor Jahrhunderten gefertigt wurden. Umso gespannter war ich auf seinen 2-tägigen Wochenend-Workshop.
Dieser findet in einer ganz besonderen Location statt: In der alten Druckerei Möbius in Artern. Die alten Industrieräume mit den riesigen Fenstern sind ein Traum. Die Vorstellung hier ein Atelier zu haben… schon gut, ich höre auf zu träumen.
Der Ort hat eine wunderbare Stimmung erzeugt, sodass wir gleich in die Materie der Herstellung von Marmorpapieren eintauchen konnten: Farben mischen, mit Ochsengalle (einem Treib/Netzmittel) versehen und feststellen, das nichts funktioniert. Ja, so einfach wie es aussieht, ist es nicht und dementsprechend habe ich auch in diesem zweiten Marmorpapier-Workshop viel gelernt. Obwohl ich mit meinen Farben viele Kämpfe ausgefochten habe, sind wunderbare Marmorpapiere entstanden.
Ein Blick in die traditionsreiche Druckerei Möbius in Artern/Thüringen.
Auch diesen Workshop möchte ich dir sehr empfehlen.
Dirks und Barbaras Kenntnisse ergänzen sich wunderbar zu einer Einheit. Doch das entbindet nicht davon, viel zu üben. Denn zu Hause ist alles wieder anders: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wasserhärtegrad. Und schon fängt man wieder von vorne an…
Die Schönheit von Marmorpapieren: Ergebnisse aus dem Workshop
Jana Mänz
– geboren 1976 in Halberstadt. In ihrer künstlerischen Arbeit verbindet sie die Liebe zur Natur mit einer tiefen Auseinandersetzung mit japanischer Ästhetik und ostasiatischer Kunst. Statt die Welt abzubilden, sucht sie nach den stillen Momenten dazwischen – nach Licht, Vergänglichkeit und innerer Resonanz. Ihre Bilder entstehen nicht aus dem Wunsch nach Perfektion, sondern aus dem Bedürfnis, dem Wesen der Dinge näherzukommen. In ihren Workshops geht es nicht um Technik, sondern darum, wie sich Sehen, Empfinden und Natur auf neue Weise verbinden lassen.