Ein Tag auf der Sommerwiese im Muldental
Darf ich dich für einen Moment mit auf die Reise nehmen? Es ist nicht weit von meinem Zuhause. Ich muss nur 5 Minuten durch die Altstadt gehen und schon bin ich an der Mulde. Letzte Woche habe ich mich mal wieder über unsere Stadtgärtner geärgert, die mitten in der Natur die Muldenwiesen mähen. Gerade jetzt, wo sich viele Insekten vermehren. Zum Glück kommen sie mit ihren riesigen Mähtraktoren nicht überall hin und so gibt es eine Stelle, wo sich die Natur noch wunderbar entfalten kann. Im Moment muss man sich einen Weg durch das Dickicht bahnen, aber wenn man die Mühe auf sich nimmt, wird man mit einem wunderbaren Stück Natur belohnt.
In letzter Zeit stehe ich sehr früh auf und nutze die Zeit, um kurz nach Sonnenaufgang dort zu sein. Wenn die Natur erwacht, glitzern die Tautropfen im ersten Sonnenlicht, das über das gegenüberliegende Muldeufer scheint. Die Insektenwelt erwacht mit den ersten Sonnenstrahlen, die über den Horizont ins Muldental scheinen. Jetzt im Juli blüht die Schwarze Nachtkerze, die Wilde Möhre entfaltet ihre prächtigen Dolden. Der Natternkopf leuchtet violettblau in der Sonne, aber Vorsicht, er ist sehr widerspenstig. Die Königskerze und die Nachtkerze blühen jetzt im Juli. Das Johanniskraut ist schon fast verblüht, dafür blühen die ersten Disteln und bald sind die Brombeeren reif.
Mein schönstes Erlebnis hatte ich vor ein paar Tagen, als es morgens noch recht feucht war und kleine Minischnecken wild durcheinander wuselten. Ich hatte gehofft, die winzigen Trapezkünstler noch einmal beobachten zu können, aber sie brauchen wohl noch mehr Feuchtigkeit, um ihr Schneckenhaus zu verlassen. So habe ich sie in den letzten Tagen nur in geschlossenen Häusern angetroffen. Umso aktiver sind die vielen Bienen, Hummeln und Wildbienen. Ab und zu sehe ich kleine zarte Jungfern und Wanzen. Aber es blutet mir das Herz, dass so gut wie keine Schmetterlinge unterwegs sind. Ab und zu ein Kohlweißling und das war’s.
Heute Morgen habe ich mir überlegt, wie diese Muldewiesen wohl vor 100 oder 200 Jahren ausgesehen haben. Welche Artenvielfalt gab es damals? Es ist jedes Frühjahr und jeden Sommer ein Trauerspiel, dass diese Wiesen ständig gemäht werden, obwohl es dafür keinen Grund gibt, denn entlang der Mulde verläuft ein breiter Wander- und Radweg.
Viel Freude nun beim anschauen meiner Sommerwiese im Muldental. Hörst du es Summen? Spürst du wie die Sonnenstrahlen deine Nase kitzeln?
Die Naturfotografien habe ich mit zwei Objektiven gemacht: Mein geliebtes Makroobjektiv Tokina 100 mm und mein neues Vintageobjektiv Helios-81 H 2/50 MC
Fotospaziergang im Muldental?
Hast du Lust, mit mir eine Fotospaziergang durch das Muldental zu machen? Dabei geht es weniger um die Technik, als vielmehr darum, die Natur auf eine besondere Art und Weise wahrzunehmen und zu beobachten. Meine Philosophie ist eine andere. Eine Schülerin nannte sie einmal liebevoll die „Jana-Methode“, worüber ich mich sehr gefreut habe. Ein Dreiklang oder besser gesagt die systemische Sichtweise: Technik, Natur, Wahrnehmen, Sehen, Gestalten, Fühlen und dabei sich selbst und die eigenen Gefühle und das Warum betrachten. Ganz schön viel auf einmal, aber erst das Zusammenspiel macht aus einem guten Foto ein Bild mit Seele.
Jana Mänz
„Fotografie aus Leidenschaft“, das ist das Motto der 1976 in Halberstadt geborenen künstlerischen Fotografin und Buchautorin Jana Mänz. Als Natur- und Landschaftsfotografin zeigt sie uns die Welt auf ungesehene Weise. Die Abbildung der Wirklichkeit lässt sie dabei gerne hinter sich, um mit ganz eigener Handschrift Bilder zu schaffen, die im Gedächtnis bleiben. Gerne gibt Jana Mänz ihr Wissen weiter: Sie unterrichtet Fotografie und Bildbearbeitung.