Naturfotografie für die Seele: Tipps für die Schneefotografie
Endlich, der Winter ist da. Im Muldental hat es die letzten Tage geschneit. Was für eine Freude! Ich fühle mich immer noch wie ein kleines Mädchen, das sich auf den ersten Schnee freut. Wenn die Welt förmlich im Schnee versinkt und alles ganz still wird.
Inhaltsverzeichnis
- Wie gelingen wunderbare Schneefotos?
- 1. Der Weißabgleich
- Weißabgleich vorher - nachher
- 2. Fotografiere im RAW
- 3. Versuche den manuellen Modus
- 4. Gegenlichtblende und ND Filter: ja oder nein?
- 5. Steh früh auf, um magische Sonnenaufgänge einzufangen
- 6. Blaue Stunde
- 7. Fotografiere Kontraste
- 8. Bokehliebe
- 9. Details & Frozen Bubbles
- 10. Nicht vergessen...
- Winterbilder mit Gefühl und Verstand
Wie gelingen wunderbare Schneefotos?
Das Problem ist, wir Menschen sehen die „Farbe“ Weiß immer als Weiß. Ob in der Mittagssonne, in der blauen Stunde oder in einem Kamin-beleuchteten warmen Wohnzimmer. Unsere Augen führen quasi einen automatischen Weißabgleich durch, sodass ein weißes Blatt Papier immer weiß aussieht. Das tut die Kamera nicht, sodass Schnee mal grau, mal blau oder mal gelblich aussehen kann.
Daher mein erster Tipp:
1. Der Weißabgleich
Wie stellst du diesen am besten ein? Gäbe es die digitale Bildbearbeitung nicht, müsstest du exakt mit einer Graukarte arbeiten. Oder du müsstest den Weißabgleich exakt in deinem Weißabgleichsmenü in der Kamera einstellen. Mit letzterem habe ich nicht so gute Erfahrung gemacht. Es ist zu aufwändig und die Ergebnisse sind am Display der Kamera nicht aussagekräftig. Zudem musst du wissen, Schnee hat einen bläulichen Ton, wenn er nicht direkt von Sonnenlicht beleuchtet wird, da er dann den blauen Himmel reflektiert. Darum belasse ich diese Funktion auf „Automatik“ und bearbeite den Weißabgleich später in Lightroom. Denn manchmal möchte ich auch, dass der Schnee kälter oder wärmer wirkt.
Weißabgleich vorher - nachher
2. Fotografiere im RAW
Damit du deinen Weißabgleich später bearbeiten kannst, solltest du unbedingt im RAW-Format fotografieren. RAW ist ein verlustfreies, unkomprimiertes Format, was bedeutet, dass es die meisten Details enthält. Es macht die Nachbearbeitung einfacher und effektiver. Damit kannst du Details aus den hellen Bereichen herausziehen.
3. Versuche den manuellen Modus
Damit dein Schnee nicht über- oder unterbelichtet wird, solltest du besser im manuellen Modus arbeiten.
Übung: Messe die Belichtungszeit, wenn du auf eine Schneefläche fokussierst und messe ihn nochmal auf eine dunkle Stelle z.B. ein dunkler Baum. Achte auf die Veränderung der Belichtungszeit. Wenn du das Foto machst, indem du auf die dunkle Fläche als Referenz für die Belichtungszeit genommen hast, kann es passieren, dass dein Bild überbelichtet ist. Bedenke, überbelichtete Bilder kann man auch im RAW schlecht reparieren, da hier die Informationen im Bild fehlen. Lieber etwas unterbelichten und später den Schnee aufhellen, sodass noch alle Konturen sichtbar sind.
Wenn du dich unsicher fühlst, dann schau dir das Histogramm an. Dein LCD-Bildschirm zeigt dir die Farben und Details Ihrer Bilder nicht immer genau an. Es ist auch ein winziger Bildschirm, auf dem du je nach Tageslicht nicht alles gut erkennen kannst.
Das Histogramm zeigt dir, wie gut deine Bilder belichtet sind.
Gerade bei der Schneefotografie ist das wichtig, da die Helligkeitsprobleme deines Kamera-Bildschirms zu überbelichteten Bildern führen kann. Schau dir den Dynamikbereich an. Du erkennst die Überbelichtung im Histogramm, wenn dieses auf der rechten Seite hohe Werte anzeigt.
4. Gegenlichtblende und ND Filter: ja oder nein?
Da scheiden sich die Geister. Ich weiß, die Mehrheit meiner Kollegen würden auf eine Gegenlichtblende niemals verzichten, da sie Lensflares und Blendeflecke vermeiden möchten. Schnee reflektiert viel Licht, besonders bei sonnigem Wetter. Dies kann zu Lichtflecken und unerwünschten Unschärfen oder Reflexionen in Ihren Bildern führen.
Nach wie vor geistert die Mär durch die Foren, dass man mit Gegenlicht im Schnee den Sensor zerstören könnte. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Nein, das ist nicht wahr. Ich fotografiere schon immer ohne Gegenlichtblende direkt in den Schnee und in die Sonne und ich habe meinen Sensor nicht zerstört. Das heißt aber nicht, dass ich meine Kamera in die direkte Sonne lege, sondern nur für diesen einen Moment einsetzte.
Andere verwenden zusätzlich einen Polarisationsfilter. Es eliminiert unerwünschte Reflexionen, hilft, helle Oberflächen abzudunkeln und Details in den hellen Bereichen beizubehalten.
Da ich aber genau die Effekte wie Gegenlicht, Lensflares usw. auf meinen Bildern haben möchte, verwende ich keine Gegenlichtblende als auch ND-Filter. Ich liebe es mit den Unschärfen, mit den „Fehlern“ zu arbeiten. Sie erzeugen eine andere Art von Bildern mit einer gewissen Fehlerhaftigkeit. Sie verlieren an Perfektion und gewinnen an Charme und Emotionalität. Probiere es mal aus. Es kommt wie immer auf das Verhältnis an. Es ist immer eine Frage, wie viel Perfektion du brauchst. Höre auf dein Bauchgefühl!
5. Steh früh auf, um magische Sonnenaufgänge einzufangen
Hast du schon einmal einen Sonnenaufgang über einer schneebedeckten Landschaft gesehen? Hast du Glitzern im Schnee beobachtet? Wie sich das Licht in den gefrorenen Schneeflocken bricht?
Schnee reflektiert Licht und funkelt. Es ist den ganzen Tag über wunderschön, aber morgens kannst du surreale Lichter einfangen. Wenn dann noch Bodennebel dazu kommt, ein Traum. Ich liebe es, ganz früh im Winter (wobei so früh ist es gar nicht) an die Mulde zu laufen und zu sehen wie die Sonne über der schneebedeckten Landschaft aufgeht. Wenn die Wasservögel über den eisigen Nebel fliegen und ihr Geschnatter in der Luft verhallt.
6. Blaue Stunde
Genauso wie Sonnenaufgänge sind Sonnenuntergänge bzw. die blaue Stunde in verschneiten Zeiten etwas anders. Roter Himmel und dann die blaue Stunde bilden einen interessanten Kontrast zum Weiß des Schnees. Normalerweise wird der Boden zuerst dunkel und der Himmel bleibt etwas länger hell. Dies ändert sich im Schnee, da er auch die letzten Sonnenstrahlen und dann das Mondlicht reflektiert.
7. Fotografiere Kontraste
Schnee verändert die Farbtöne von allen Dingen. Weiße Flächen werden dominanter als andere. Dies ergibt einen surrealen Farbwechsel. Wenn die Sonne nicht scheint und Wolken das Licht filtern, kann die gesamte verschneite Szenerie in verschiedenen Grautönen erscheinen. Deine Naturfotos werden fast so aussehen, als ob du sie in Schwarz-Weiß aufgenommen hättest. Verwende dies, um minimalistische, skizzenhafte Schneefotografien zu erstellen.
8. Bokehliebe
Bokeh ist eine sehr beliebte Ergänzung für jede Art von Fotografie. Schnee zu fotografieren ist auch keine Ausnahme. Ich selber versuche immer Bokehs einzufangen, weil sie die Bilder weicher, verträumter, romantischer werden lassen.
Um Bokehs zu erzeugen, benötigest du ein lichtstarkes Objektiv. Stelle eine große Blende bzw. ich sage lieber „weit geöffnete Blende“ zwischen f/1.4 und f/2.8 ein.
Wenn der Schnee fällt, fokussiere auf dein Motiv. Wenn es weit von dir entfernt ist, erscheint das von den Schneeflocken erzeugte Bokeh im Vordergrund. Wenn das Motiv näher ist, wird es im Hintergrund sein. Zudem brauchst du eine kurze Verschlusszeit, um die Schneeflocken in der Luft einzufrieren.
9. Details & Frozen Bubbles
Schneebedeckte Winterlandschaften sind zauberhaft. Aber genauso schön sind Details. Wenn du ein Makroobjektiv hast, dann versuche gefrorene Schneeflocken einzufangen.
Viel Spaß kannst du ebenso mit der „Frozen Bubble Fotografie“ haben, für die du eine herkömmliche, gekühlte Seifenblasenmischung verwenden kannst.
Versuche die Seifenblasen vorsichtig auf einen gefrorenen Untergrund, einem Ast usw. abzusetzen und schau zu, wie sie bei starken Minustemperaturen gefriert. Einfach ein wunderschöner Moment. Dann musst du schnell sein und die gefrorene Seifenblase fotografieren, bevor wie sie ein Traum zerplatzt.
10. Nicht vergessen...
Halte deine Kamera akklimatisiert, um sie nicht zu beschädigen. Der Wechsel von einem warmen zu einem kalten Ort wirkt sich auf Ihre Kameraausrüstung aus. Schalte die Kamera wenn du vom Kalten ins Warme kommst, aus. Es ist, als ob du eine Brille trägst und diese beim Hineintreten sofort beschlägt. Dasselbe passiert mit deinem Kameraobjektiv und Sensor! Dann kann das Eindringen von Feuchtigkeit in dein Objektiv einen Linsenpilz verursachen.
Besorge dir Mikrofasertücher und zusätzliche Batterien. Kaltes Winterwetter kann dazu führen, dass viel Feuchtigkeit auf und in deine Kamera gelangt. Beim Fotografieren von Schnee ist es unerlässlich, Mikrofasertücher dabei zu haben.
Außerdem führt kaltes Wetter dazu, dass deine Batterien schnell leer sind. Halte immer mindestens ein Extra-Akku in deiner Tasche, besser in deiner Hosentasche. Wenn möglich, lege es nahe an deine Körper, um es warm zu halten.
Winterbilder mit Gefühl und Verstand
Das sind meine technischen Tipps. Aber viel wichtiger ist, dass du mit Gefühl und Verstand an deine Winterfotografie gehst. Spürst du die Kälte in deinem Gesicht? Wie schmeckt Schnee? Beobachte genau die Winterlandschaft. Was hat sich zum Sommer und Herbst verändert? Nehme die veränderten Farben wahr oder suche nach Farben in der ansonsten s/w gehalten Landschaft. Findest du roten gefrorenen Beeren vom letzten Herbst? Gehe vom großen Landschaftsbild bis ins kleine Detail. Ändere die Perspektive. Suche nach Linien und Formen.
Der Winter bietet dir eine wunderbare Fülle an minimalistischen Motiven. Die Technik, das Wissen um das Zusammenspiel von Blende, Belichtungszeit und ISO sind essentiell. Aber was nutzt dir das, wenn du die Motive nicht siehst? Wenn du dir keine Zeit nimmst, deine Umgebung achtsam wahrzunehmen? Wenn du an den schönsten Motiven vorbeiläufst, weil du unter Stress und Hektik stehst. Naturfotografie ist der Moment, in dem du Innehalten solltest und vor allem genießen. Was gibt es Schöneres als einer Krähe im Winter zuzuhören, wie ihr gekrächzte durch die Winterlandschaft halt. Wenn der Schnee unter deinen Stiefeln knirscht und du irgendwann im Dunkeln mit erfrorenen Fingern in die Wärme zurückkehrst und die Bilder am Bildschirm sichtest.
So wie ich mich an meinen Erinnerungen erfreut habe, als ich die Winterbilder aus meinem Fotoarchiv für diesen Blogartikel herausgesucht habe. Nebenher sind viele Schneebilder von meinem Kind entstanden und ich liebe diese Winterfotos in denen er sich früher in den Schnee geschmissen hat.
Jana Mänz
„Fotografie aus Leidenschaft“, das ist das Motto der 1976 in Halberstadt geborenen künstlerischen Fotografin und Buchautorin Jana Mänz. Als Natur- und Landschaftsfotografin zeigt sie uns die Welt auf ungesehene Weise. Die Abbildung der Wirklichkeit lässt sie dabei gerne hinter sich, um mit ganz eigener Handschrift Bilder zu schaffen, die im Gedächtnis bleiben. Gerne gibt Jana Mänz ihr Wissen weiter: Sie unterrichtet Fotografie und Bildbearbeitung.
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Ruedi
Der Strandübergang und der alte Baum sind meine Favoriten. Schön, dass nicht bei allen Fotos die Bokeheffekte dominant sind.
Noch zwei Hinweise: Wer es bei der Belichtung nicht so genau wie du nehmen will, kann bei Landschaft mit viel Schnee eine Korrektur von +1.5, also helleres Foto, einstellen und wird fast immer eine gute Belichtung erhalten.
Für mich gehört immer eine Knistertüte ohne Löcher in die Fototasche. Wenn ich von Kalt ins Warme gehe, kommt die Kamera VORHER da rein. Ich drücke möglichst viel Luft raus und schliesse die Tüte mit einer Klammer. So kommt keine Feuchtigkeit an/in die Kamera. Wenn die Kamera sich warm anfühlt, darf sie wieder raus und die Ungeduld auf die Fotos hat ein Ende. Oder man nimmt vor dem Eintüten die Karte raus, dann geht es schneller zu den Fotos. Diesen Effekt darf man nicht unterschätzen. Ich weiss von einem Handytechniker, dass oft die Feuchtigkeitssensoren auf Wasser anzeigen und die Leute schwören, dass ihr Handy keinen Taucher erlitten habe. Auflösung: Es reicht, wenn sie im Winter in der Kälte auf den Bus warten und dann mit dem Handy in der Hand einsteigen. Sobald eine Brille beschlagen würde, wird alles andere auch feucht, was Luftkontakt hat. Der Handysensor gibt an, bei der Kamera beschlägt Gehäuse und der Sensor. Dieser hat nachher Feuchtigkeitsflecken, die man nur mühsam wieder wegbekommt – wenn man sie überhaupt bemerkt. Wer den Effekt nicht kennt, wird nicht kontrollieren – wer in kennt, trifft Vorsorge.
Trotzdem. Meine liebsten Fotos sind oft Schneebilder. Ruhe und fehlendes Chaos in den Fotos sind eine Wohltat in einer gegenteiligen Welt.
Jana Mänz
RuediLieber Ruedi,
vielen dank für deinen Tipp mit der Knistertüte. Ich mache das ein wenig anders. Ich lasse die Kamera, die Aus ist, offen im warmen Raum trocknen. Ich stecke sie nicht in meinen Fotorucksack. Es gibt bestimmt noch mehr Methoden, die Kamera vor der Feuchtigkeit zu schützen. LG Jana